Aufregung um den Golfstrom: Wieder eine Anomalie unter Wasser?

Der Blick Log ist bekanntlich kein Klimablog, sondern ein Wirtschaftsblog. Gleichwohl schaue ich immer wieder gern auf Randthemen, die Einfluss auf die ökonomische Entwicklung haben können oder die mich einfach interessieren. Und zu diesen Themen gehört das Klima. In unseren Breitengraden wird das Klima bekanntlich sehr stark durch den Golfstrom beeinflusst (siehe dazu diesen Beitrag der BBC).

Schaue ich auf die Zugriffszahlen des Blick Logs in den letzten Wochen, dann besteht ein großes Interesse an der Frage nach der Stabilität des Golfstroms. Zum am meisten aufgerufenen Artikel des Blick Logs in dieser Woche gehört dieser über die Anomalie des Golfstroms im letzten Winter. Angetrieben wird das Interesse durch die jüngste Berichterstattung in den Medien. Für besondere Aufmerksamkeit sorgte die Bild am vergangenen Sonntag. Dort war zu lesen:

“Einerseits baut sich gerade im Norden Europas ein ausgeprägtes Kältepolster auf, andererseits transportiert der Golfstrom deutlich weniger Wärme als üblich. Das bestätigt auch Meteorologe Dr. Karsten Brandt von donnerwetter.de: „Der Golfstrom ist ein gewaltiges Strömungssystem, das eigentlich das warme Wasser der Tropen mit dem kalten der Polarregionen vermischen soll. Schon in den letzten zwei Jahren hat er deutlich weniger Wärme transportiert, in diesem ist er noch weiter geschwächt.“

Der Tagesspiegel ergänzte diese Informationen am vergangenen Montag:


“Hauptgrund für die Abkühlung sei der Golfstrom, sagt Jung. Die „Warmwasserheizung Europas“ sei schwächer geworden. Das zeigten Satellitenbilder, die die Fließgeschwindigkeit an der Meeresoberfläche dokumentieren. „Es gibt deutliche Änderungen, stellenweise zerfasert der Golfstrom regelrecht in große Wirbel“, beschreibt er. „Trotzdem: Der Golfstrom ist nicht abgebrochen, eine neue Eiszeit auszurufen ist Unsinn“, fügt Michael Klein von Donnerwetter hinzu. „Die Wärmeleistung ist um rund 15 Prozent zurückgegangen, das ist innerhalb der üblichen Variation.“ Das Resultat lautet dennoch: Es wird kälter.”

Das klingt bedenklich. Aber muss man deswegen gleich Alarm schlagen? Nach einem Bericht der NZZ über Forschungsergebnisse zu den Schwankungen des Golfstroms ist zu beachten, dass einige Ergebnisse über Schwankungen des Golfstroms nicht berücksichtigen, dass der Golfstrom über den Jahresverlauf hinweg stark schwankt. Dazu ist zu lesen:

“Die ersten Messungen, die ein ganzes Jahr umspannen, brachten zutage, dass die Meereszirkulation im Verlauf des Jahres grosse Schwankungen aufweist – die Messdaten lassen ein Maximum im September und ein Minimum im Februar erkennen. Der Februarwert betrug weniger als ein Achtel des Maximums und weniger als ein Viertel des Durchschnitts. Da die Daten von 2004, auf denen Brydens erste Arbeit basierte, aus den Monaten März bis Mai stammten, lagen sie wohl deutlich unter dem Jahresdurchschnitt. Die damals verkündete Verlangsamung der Zirkulation sei wohl eher eine Folge jahreszeitlicher Schwankungen als ein Zeichen für einen langfristigen Trend gewesen, schreiben daher die Autoren der neuen Studie, zu denen auch Bryden und seine Kollegen gehören. Erst mit einer etwa zehnjährigen Messserie werde ein Nachweis einer langfristigen Entwicklung überhaupt möglich, meinen sie heute.”

Skepsis zu der tagesaktuellen Entwicklung kommt ebenfalls aus Deutschland, wie der Tagesspiegel schreibt:

“Andere Experten sind da vorsichtiger. „Uns ist nicht bekannt, dass der Golfstrom schwächer geworden ist; es gibt keine Veröffentlichung, die das belegt“, sagt Andreas Villwock vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel. Die Leistung zu messen sei sehr schwierig. „Man muss ein hochkomplexes Strömungssystem, das sich über den gesamten Nordatlantik und einige hundert Meter Tiefe erstreckt, betrachten.“ Aus einer Oberflächenveränderung lasse sich nicht auf Änderungen in der Tiefe schließen.

Auch beim Deutschen Wetterdienst (DWD) ist man skeptisch. „Uns liegen keine seriösen Berichte über Änderungen des Golfstroms vor“, sagt dessen Sprecher Gerhard Lux. „Wir haben auch keine eindeutigen Hinweise darauf, dass der nächste Winter besonders hart wird.“

Vielleicht lässt man mal die aktuelle Presse einmal liegen und schaut einfach auf die Daten folgender Quelle. Ich fühle mich zwar nicht kompetent diese Quellen fachgerecht zu interpretieren, jedoch vermag ich in den Daten keine besonderen Anomalien zu entdecken. Dies gilt zumindest kurzfristig. Über die mittel- und langfristige Perspektive ist damit nichts gesagt. Dazu mehr in einem späteren Beitrag.

Strömungsgeschwindigkeiten des Golfstroms

Current Sea Surface Temperature Anomaly Plot

Global Temperature Anomalies, July 2010

Nasa: Sea surface temperatures


Quelle: Blicklog