Aus der Liquiditäts-Traum?

 

Die konjunkturelle Stimmung in der Weltwirtschaft zeigt sich weiter verhalten. Der von der HSBC Bank veröffentlichte vorläufige Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China hat sich auf einen Wert von 48,3 weiter eingetrübt und liegt unter der Expansion anzeigenden Schwelle von 50.

 

Einer Konjunkturbeule in China will die chinesische Regierung mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Konjunkturentwicklung im 2. Halbjahr entgegenwirken. So kündigte Chinas Regierungschef bereits Finanzhilfen für wichtige strategische Wirtschaftssektoren an.

 

In Euroland ist zwar die konjunkturelle Talsohle durchschritten. Das Wachstum im 2. Halbjahr dürfte jedoch mau ausfallen. Dies zeigt die Konjunkturstimmung in Euroland, die sich mit einem Wert von aktuell 48,7 nach 48,3 im Vormonat nur leicht verbessern konnte. Einer kraftvolleren Konjunkturerholung Eurolands stehen u.a. die wirtschaftlichen Misstände in Frankreich entgegen, dessen Einkaufsmanagerindex trotz einer Aufhellungstendenz mit zuletzt 48,3 weiterhin unter der Expansionsschwelle liegt. Diesem Gegenwind aus der Eurozone kann sich auch die deutsche Konjunkturstimmung mit einem zuletzt wieder schwächeren Wert von 48,7 nicht entziehen.

 

Diese Einschätzung teilen auch die vom ZEW befragten Finanzanalysten. Sich immerhin stabilisierende Konjunkturerwartungen signalisieren aber zumindest eine langsam voranschreitende Wirtschaftserholung in Deutschland. Von noch größerer Bedeutung werden aber die Juni-Daten des ifo Instituts sein, die Konjunkturstimmung und -ausblick direkt bei den Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland abfragen.

 

 

In Euroland wird alles, aber nicht gespart

 

Aufgrund der Schwäche von Konsum, Investitionen und Export muss die Lockerung der euroländischen Sparpolitik für die nötigen Wachstumsimpulse sorgen. Weitere Sparzugeständnisse sind zu erwarten. Die Furcht vor sozialen Unruhen ist groß.

 

Anstatt einer Rückführung ihres Haushalsdefizits gestaltet sich so die Neuverschuldung in Italien und Portugal dramatisch. Aber auch Spanien und Frankreich hinken ihren ursprünglichen Plänen deutlich hinterher.

 

 

Freihandelszone zwischen EU und USA ist Zukunftsmusik

 

Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA ist sicherlich eine vielversprechende wirtschaftliche Vision. Dabei kämen engere Handelsverflechtungen mit den USA der krisengeschüttelten Euro-Südzone über Exportimpulse und den damit verbundenen Aufbau von Arbeitsplätzen sowie verbilligte Importe zugute. Es wird aber noch Jahre dauern, bis die Abschaffung von Zöllen und politisch motivierten Barrieren sowie die Angleichung technischer Standards erreicht ist. Schnelle Hilfe für die Eurozone ist damit nicht auf dem Weg.

 

 

EZB und Ausstieg - Zwei Welten treffen aufeinander

 

Vor diesem Hintergrund wird die EZB weiterhin ihre klare Unterstützung für die Euro-Wirtschaft beibehalten. Zwar zeigt sie sich geldpolitisch aktuell zurückhaltend, um nicht den Druck auf die euroländische Reformpolitik aufzugeben.

 

Im Ernstfall zeigt sich EZB-Chef Draghi allerdings für eine erneute Senkung der EZB-Notenbankzinsen und auch einen negativen Einlagezinssatz aufgeschlossen. Und angesichts der Finanzierungsnöte mittelständischer Unternehmen der Euro-Südzone wird auch der direkte Kauf von mit Mittelstandskrediten gedeckten Anleihen ins Auge gefasst.

 

Die EZB ist von jeder Art des geldpolitischen Ausstiegs weit entfernt.

 

 

Langsam, langsamer am langsamsten: Der Exit der Fed

 

Im Gegensatz zur EZB scheint sich US-Notenbankchef Bernanke geldpolitisch renitenter zu zeigen. Auf der letzten Zinssitzung stellte er eine Abschwächung des Anleiheaufkaufprogramms der Fed im späteren Jahresverlauf in Aussicht. Man achte aber bitte auf die klare Bedingung: Die Liquiditätszuführung wird nur dann reduziert, wenn sich die US-Konjunkturerholung weiter fortsetzt. Mit dieser Konditionalität - die US-Notenbank hat sich in der Vergangenheit in punkto Konjunkturprognosen schon des Öfteren zu positiv gezeigt - lässt sich die Fed jegliche geldpolitische Hintertür offen, auch bezüglich der Fortführung des laufenden Aufkaufprogramms QE3.

 

Wie ist es denn um die US-Konjunktur bestellt? Die Absatzzahlen eines ausgesprochenen Konjunkturzyklikers - des Baumaschinenherstellers Caterpillar - fielen in den USA um 16 Prozent zum Vorjahr, nach einem Jahresminus im April von 18 Prozent.

 

Allein die zurückhaltenden Äußerungen der Fed - bislang ohne jede tatsächliche Aktion - sind ausreichend, um einen „Bernanke-Blues“ an den Finanzmärkten ertönen zu lassen, der sich u.a. in seit Mai spürbar gestiegenen Zinsen am US-Hypothekenmarkt bemerkbar macht. Baubeginne und -genehmigungen in den USA zeigen sich bereits leicht zurückhaltend. Dabei hat ihr Volumen längst noch nicht die für nachhaltiges Wachstum typischen Größenordnungen erreicht.

 

 

Die Fed muss immer ein Auge auf die Finanzmärkte haben

 

Die Wechselwirkung zwischen Finanzmärkten und der Realwirtschaft sollte nicht unterschätzt werden. Es gilt, einen Asset Meltdown - also einen massiven Ausverkauf von Aktien und Anleihen - zu verhindern, der bereits früher - Dotcom- und Immobilienblase - zu deutlichen konjunkturellen Bremsspuren geführt hatte. Eine tatsächliche Abschwächung von QE3 mit dem sehr langfristigen Ziel eines Ausstiegs aus der expansiven Geldpolitik muss daher mit viel verbalem Geschick und sehr behutsam eingeleitet werden. Eine kluge Rhetorik - Bernanke macht es aktuell vor - beugt dann im Übrigen auch der Entstehung von Blasen an den Finanzmärkten vor, die verlängerte geldpolitische Konjunkturstützungen erlauben.

 

Insgesamt dürfte die Erwartungshaltung der Finanzinvestoren bezüglich der Aufrechterhaltung der ultralockeren US-Geldpolitik weiter schwanken und sich die Risikowahrnehmung der Anleger erhöhen. Das, ähnlich wie vor dem Platzen der Dotcom-Blase 1999 und der Immobilienblase 2007/2008, hohe Volumen an kreditfinanzierten Aktienengagements spricht für zwischenzeitlich stärkere Korrekturbewegungen am US-Aktienmarkt.

 

Ein erhöhtes Maß an Kursschwankungen lässt sich bereits jetzt am US-Aktienmarkt beobachten. Aber insbesondere bei US-Staatsanleihen hat sich die Schwankungsbreite zuletzt dramatischer entwickelt als im Juli 2012, als die Angst vor einem Zusammenbruch der Eurozone ihren Höhepunkt erreichte.

 

 

Und das passiert in KW 26

 

In den USA deutet ein Expansion anzeigender Einkaufsmanagerindex für den Ballungsraum Chicago auf eine sich langsam fortsetzende US-Konjunkturerholung hin. Das bestätigen die Auftragseingänge langlebiger Güter, auch wenn sie an Dynamik einbüßen. Zudem bleibt der US-Konsum ein Stabilisierungsfaktor für die US-Wirtschaft. Das von der Universität von Michigan veröffentlichte Konsumentenvertrauen dürfte auf seinem hohen Niveau verharren. Die US-Konjunktur zeigt damit insgesamt verhaltene Stärke.

 

In Deutschland stehen die Geschäftsdaten des ifo Instituts im Fokus. Eine Stabilisierung ist zu erwarten.

 

Aus charttechnischer Sicht bleibt der kurzfristige Abwärtstrend im DAX weiterhin intakt und stößt bei 7953 und darunter signifikant bei 7872 Punkten auf zwei Unterstützungen. Darunter muss eine Fortsetzung der Korrektur bis zur 200-Tage-Linie bei derzeit 7656 Punkten einkalkuliert werden, bevor die nächste Unterstützung bei 7600 Punkten anvisiert werden muss.

 

Auf der Oberseite liegt der erste Widerstand bei 8250 Punkten. Darüber warten weitere Hürden in der Region um 8300 und bei 8363 Punkten.

 

 

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.roberthalver.de
 

 

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