Ausgereizte Zinsanhebungserwartungen?

Und plötzlich war da etwas Ruhe. Am Rentenmarkt gäbe es eigentlich ausreichend Anlass für weiterhin starke Kursausschläge und eine fortgesetzte Tendenz in Richtung höherer Renditen – es hat aber den Anschein, als würden die Anleger insgesamt vorsichtiger werden. Der kritische Test für diese Annahme steht mit den amerikanischen Verbraucherpreisdaten jedoch noch aus. Diese werden am kommenden Donnerstag veröffentlicht. Für den Moment sieht es jedoch danach aus, als stünden uns an den Rentenmärkten etwas ruhigere Tage ins Haus als wir es in den vergangenen Wochen gewohnt waren.

Eigentlich war am vergangenen Freitag alles vorbereitet für einen weiteren kräftigen Anstieg der Staatsanleiherenditen. Noch frisch in Erinnerung waren die Worte des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell von Mittwochabend, wo er einen höheren Endpunkt im aktuellen Zinsanhebungszyklus in Aussicht stellte. Am Donnerstag und Freitag pflichteten ihm weitere FOMC-Mitglieder bei, indem diese zwar kleinere Zinsanhebungsschritte signalisierten, gleichzeitig aber einen Endpunkt auf oder jenseits von 5% ins Auge fassten. Insgesamt war die Marktstimmung recht positiv, nachdem unter Anlegern unbestätigte Vermutungen kursierten, China würde möglicherweise von seiner strikten Zero-Covid-Politik abrücken. Und dann wurden auch noch die amerikanischen Arbeitsmarktdaten für Oktober veröffentlicht, die unter dem Strich stärker als erwartet ausfielen und den Eindruck eines „engen“ Arbeitsmarktes bestätigten.

In diesem Umfeld wäre es keine Überraschung gewesen, wenn die Zinsanhebungserwartungen in den USA und mit ihnen die Treasury– und schließlich auch die Bundrenditen einen weiteren großen Schritt nach oben gemacht hätten. Aber es kam anders. Im Tagesverlauf gingen die Zinsanhebungserwartungen in den USA sogar zurück, und die 2-jährige US Treasury-Rendite schloss den Tag rund fünf Basispunkte niedriger als am Vortag. Ein Grund für diese unerwartete Kursentwicklung könnte die Auflösung sogenannter Abflachungs-Trades gewesen sein. Die 2/10J-UST-Kurve hatte am Vortag bei ‑61 Bp ein neues Inversions-Maximum markiert, was möglicherweise einige Anleger dazu veranlasste, auf entsprechende Positionierungen Gewinne mitzunehmen. Eine andere Erklärung für das kontraintuitive Marktgeschehen könnte aber auch sein, dass die Anleger das Ausmaß an eingepreisten Leitzinsanhebungen durch die Fed – zumindest für den Moment – als ausreichend erachten. In den Geldmarkt-Terminkursen ist für den Leitzins der US Notenbank ein Spitzenniveau von 5,00%-5,25% eingepreist. Dies entspricht den Andeutungen der verschiedenen FOMC-Mitglieder der vergangenen Tage.

Der ultimative Test für die Annahme ausgereizter Zinsanhebungserwartungen in den USA steht allerdings noch aus. Am kommenden Donnerstag werden die Verbraucherpreisdaten für den Monat Oktober veröffentlicht. Basiseffekt-bedingt dürften die Jahresteuerungsraten zwar leicht zurückgehen. Aber für die Monatsanstiege wird auch im Oktober wieder ein kräftiges Plus von 0,5% bis 0,6% sowohl für den Gesamtpreisindex wie auch für die Kernrate erwartet. Und sollte, wie so oft in den vergangenen Monaten, der Monatsanstieg noch etwas stärker ausfallen – und sei es nur um ein Zehntel Prozent – dann würden die Anleger höchstwahrscheinlich doch wieder einen Anlauf unternehmen, um einen höheren Endpunkt für den Zinsanhebungszyklus einzupreisen – mit der Folge erneut steigender Renditen in den Staatsanleihemärkten.

Ansonsten stehen auf der Wochenagenda noch zwei weitere Top-Ereignisse, deren Markteinfluss allgemein jedoch wahlweise als „diffus“ oder grundsätzlich als „gering“ eingeschätzt wird. Zum einen finden morgen die Zwischenwahlen zum amerikanischen Kongress statt. Wir haben nicht den Eindruck, als hätten sich im Markt klare Erwartungen dahingehend gebildet, welcher Wahlausgang welche – vor allem fiskalpolitische – Konsequenzen hätte. Und wo keine klaren Erwartungsbilder vorherrschen, gibt es auch kein großes Überraschungspotenzial. Das zweite hochkarätige Ereignis ist die COP27-Konferenz zu den Fragen des Klimawandels. Auch hieraus lassen sich keine direkten Einflüsse für das Tagesgeschehen an den Finanzmärkten ableiten. Insofern ragen die amerikanischen Inflationsdaten in dieser Woche schon sehr deutlich als das wichtigste Ereignis für das Marktgeschehen heraus…

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Der Beitrag Ausgereizte Zinsanhebungserwartungen? erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).


Quelle unicredit.de