Herzlichen Glückwunsch, Barack Obama. Sie haben mit schönen Worten die Herzen der Menschen bereits gewonnen: Sowohl in den USA, als auch in den meisten anderen Ländern der Welt. Nun werden Taten folgen, die nicht mehr so einhellig gut geheißen werden. Doch Sie haben traumhafte Mehrheiten in Washington und einen guten Rückhalt in der Bevölkerung, so dass Sie sogar unpopuläre Schritte vornehmen können.

Die Hoffnung ist groß, denn Obama übernimmt einen Scherbenhaufen von Präsident Bush und kann eigentlich nur gewinnen: Kriege im Irak sowie Afghanistan, die eigentlich nicht gewonnen werden können und zu einem zweiten Vietnam auszuwachsen drohen, ein kollabiertes Finanzsystem mit dem US-Finanzministerium nach der Übernahme von AIG, Fannie Mae und Freddie Mac, etc. als der größten Bank der Welt, eine Wirtschaft, die in eine Rezession abgleitet, ein Sozialsystem in den USA, das dem einiger Entwicklungsländer hinterher hinkt, eine weltweite Reputation, die schlechter kaum mehr werden kann.

Folglich hat Obama den richtigen Schlachtruf gewählt: "Change" = Wechsel, Veränderung! Und es muss sich vieles in den USA ändern, damit das Land zu alter Blüte zurückkehren kann. Die freie Marktwirtschaft hat in den vergangenen Jahren ihre Grenzen ausgetestet und überschritten und Obama wird eine Regierungsmannschaft zusammenstellen müssen, die neue Rahmenbedingungen definieren muss.

In den letzten Tagen vor den Wahlen stiegen die Kurse an den Börsen an. Egal, ob Obama seinen Vorsprung ausbaute, oder McCain zu einem Endspurt ausholte, die Euphorie für die bevorstehende Ablösung Präsident Bushs trieb die Kurse an und die Hoffnungen beider Lager überwogen die Ängste vor einer Wahlniederlage. Nun ist die Wahl entschieden und seither fallen die Börsen zurück. Alles politische Einflüsse?

Nein, das glaube ich nicht. Ich werde gleich auf die markttechnischen Einflüsse eingehen, die zu dem Ende der Rallye führten und aufgrund derer ich am vergangenen Freitag dazu aufrief, spekulative Gewinne mitzunehmen. Doch blicken wir zunächst auf die Wochenperformance der wichtigsten Indizes:

INDIZES 6/11/08 Dow Jones 8,696 -5.3% DAX 4,814 -1.1% Nikkei 8,899 -1.4% Euro/US-Dollar 1.280 -2.2% Euro/Yen 124.62 -0.8% 10-Jahre-US-Anleihe 3.71% -0.2 Umlaufrendite Dt 3.61% -0.1 Feinunze Gold USD $742.40 +1.3% Fass Crude Öl USD $61.47 -7.6%


Am Stärksten ist der Dow Jones eingebrochen. Grund: Liquidationen von Hedgefonds. Aber auch DAX und Nikkei gaben überwiegend ab und das trotz heftiger Zinssenkungen allerorten. Die Bank of England senkte ihren Leitzins gleich um 1,5% in einem Schritt. Da wird stets nur diskutiert, ob 0,25 oder gleich 0,5% Schritte unternommen werden, da preschen die Engländer mit einer absoluten Mega-Zinssenkungen vorweg. Die Schweiz, Japan als auch die europäische EZB haben dagegen verhältnismäßig moderat um 0,5% die Leitzinsen gesenkt (Japan 0,3%).

Das reicht den Anlegern nicht, sie wollen deutlichere Zeichen der Notenbanken sehen, um die drohende Rezession abzuwenden. Doch diese Erwartung kommt aus dem Angelsächsischen, also England und den USA, wo die Notenbank schon mal die Konjunktur stützt, indem mehr Geld gedruckt wird. Wir sehen dies eben in diesen Tagen in England und in den USA. Die EZB hat aber nicht zur Aufgabe, die Geldmenge, und damit den Geldwert, zur Beeinflussung der Konjunktur zu nutzen, sondern soll lediglich die mathematisch berechenbare Geldmenge steuern und damit für eine Geldwertstabilität sorgen. Dem Vorwurf, dass die EZB also vermutlich den Ernst der konjunkturellen Lage verkenne, begegnet Trichet stets mit einem Lächeln: Das sei auch nicht seine Aufgabe.

Während also Hoffnung durch den neuen US-Präsidenten die Börsen stützt, wird die konjunkturelle Situation immer schlimmer und wir können im weiteren Verlauf der "heftig eingebrochenen Wirtschaftaktivität" (Zitat Trichet) mit weiteren Zinssenkungen der EZB rechnen. Vielleicht später als erhofft, aber stets entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung.

SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen September (781): 60% / 40% Oktober (541): 57% / 43 % Häufigste Kaufempfehlung Häufigste Verkaufsempfehlung * Fresenius Medical Care * Beiersdorf AG * ENI S.P.A. * MLP AG MITGLIEDER: * Porsche * Volkswagen * Premiere * BMW Bullen / Bären Index Aktuell 57% Bullen (+11%) Tief war Anfang Oktober, bei 41% Bullen take share, Ihr Börsenschreibel Stephan Heibel