Die Implikationen von „50 oder 75“

Fünfzig oder fünfundsiebzig? Weiterhin ist die Frage nach dem Ausmaß der anstehenden Leitzinsanhebungen vollkommen offen. Möglicherweise bekommen wir heute mit Blick auf die Zinsentscheidungen der Bank of England und der Fed neue Hinweise, wenn sich eine ganze Reihe ihrer Ratsmitglieder zu den geldpolitischen Aussichten äußern. Mit Blick auf die morgige EZB-Entscheidung erhielten wir gestern lediglich eine Art Bestätigung, dass innerhalb des Geldpolitischen Rates offensichtlich noch keine Einigkeit besteht. Die Märkte setzen derweil ihre Trends der vergangenen Tage fort, was schwache Aktien und einen aufwertenden US Dollar bedeutet, wenngleich der Staatsanleihemarkt heute früh zunächst etwas fester tendiert.

Warum ist es von so großer Bedeutung für die Finanzmärkte, ob die EZB morgen, die BoE nächste Woche und die Fed übernächste Woche ihren Leitzins jeweils um 50 Bp oder um 75 Bp anheben? Nun, der Unterschied von 25 Basispunkten bei einem einzigen Zinsanhebungsschritt macht nicht wirklich den entscheidenden Unterschied. Aber es ist die Botschaft, die mit der Entscheidung für oder gegen einen größeren Zinsanhebungsschritt an die Marktteilnehmer gesendet wird. Nehmen wir die EZB. Wenn der Geldpolitische Rat morgen nicht für einen 75-Bp-Schritt votiert, dürfte die Wahrscheinlichkeit dafür, dass er dies auf einer der nächsten Sitzungen tun wird, deutlich geringer sein. Insgesamt ist es wahrscheinlich, dass bei einem kleineren Zinsschritt um „nur“ 50 Bp die Marktteilnehmer ihre Erwartung für den gesamten Zinsanhebungspfad abschwächen, wohingegen ein Votum für einen größeren 75-Bp-Schritt die Markterwartungen über das gesamte Ausmaß an Zinsanhebungen nach oben schieben dürfte. Möglicherweise wird EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz betonen, dass die Ratsentscheidung über das Ausmaß des morgigen Zinsschrittes keinen Einfluss auf das angedachte gesamte Ausmaß an Zinsanhebungen haben wird. Fraglich ist allerdings, inwieweit entsprechende Einlassungen bei den Anlegern verfangen. Und wenn die Anleger infolge der Zinsentscheidung ihre Erwartungen für den gesamten Zinspfad nach unten oder nach oben anpassen, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Zinskurve.

Zur Verdeutlichung wiederholen wir hier das Beispiel, welches wir bereits gestern an dieser Stelle angeführt hatten: Aktuell preisen die Geldmärkte für morgen eine Zinsanhebung um 75 Bp mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 70 Prozent ein. Die Spitze des Zinsanhebungszyklus wird bei 2,25% Mitte nächsten Jahres gesehen. Die 10J Bundrendite notiert heute früh bei 1,61%, der 10J Swapsatz bei 2,54%. Vor gerade einmal drei Wochen, am 17. August, preisten die Geldmärkte für die morgige EZB-Entscheidung eine Anhebung um „nur“ 50 Bp ein. Die Spitze des Zinsanhebungszyklus wurde Mitte nächsten Jahres bei 1,50%-1,75% gesehen. Die 10J Bundrendite lag seinerzeit aber mehr als 50 Bp, der 10J Swapsatz sogar 65 Bp niedriger als heute. Sollte die EZB also morgen lediglich um 50 Bp anheben und würden die Marktteilnehmer infolgedessen ihre Erwartungen über den gesamten Zinsanhebungspfad auf das vor drei Wochen eingepreiste Niveau trimmen, hätte dies für den Bund- und Swapmarkt erhebliche Renditerückgänge zur Folge. Entsprechende Überlegungen kann man für den Fall anstellen, dass die EZB morgen den Leitzins um 75 Bp anhebt und die Anleger ihre Erwartung für den gesamten Zinsanhebungspfad nach oben schieben. Sollte es der EZB hingegen gelingen, trotz eines „kleinen“ 50-Bp-Zinsschritts die Markterwartungen über das gesamte Ausmaß an Zinsanhebungen stabil zu halten, wären die Auswirkungen auf Bunds und Swap deutlich geringer.

Wir erkennen, die möglichen Marktauswirkungen der morgigen Zinsentscheidung sind erheblich. Und die EZB ist lediglich die erste der drei großen Notenbanken, die in diesem Monat vor der Entscheidung „50 Bp oder 75 Bp?“ steht, die Bank of England und die Fed folgen noch. Und jedes Mal stellt sich für die Anleger die Frage, ob die Entscheidung für einen kleineren oder für einen größeren Zinsschritt Implikationen für das gesamte Ausmaß an Zinsanhebungen mit sich bringt oder nicht. Die Kursschwankungen an den Kapitalmärkten dürften im September folglich – wie bereits in den Vormonaten – sehr groß sein, und Ende des Monats könnten die Renditen wieder deutlich niedriger oder spürbar höher liegen als heute.

Heute haben eine Reihe von Fed-Vertretern angekündigte öffentliche Auftritte, der Gouverneur der BoE und einige weitere Mitglieder des geldpolitischen Entscheidungsgremiums sind zu einer Anhörung vor einem Parlamentsausschuss geladen. Die Frage „50 oder 75?“ dürfte all diese Notenbankvertreter dabei auf Schritt und Tritt begleiten…

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Der Beitrag Die Implikationen von „50 oder 75“ erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).


Quelle unicredit.de