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Gedanken zur Wirtschaftsblogszene in Deutschland


Die Peer2Peer-Kreditbörse Smava ist gerade dabei den Finance Blog of the Year zu küren. Natürlich ist dies vor allem eine PR-Aktion für Smava. Gleichwohl ist die ein willkommener Anlass, sich ein paar Gedanken zum Stand der Wirtschaftsblogszene in Deutschland zu machen.

Gute Qualität, mangelnde Wahrnehmung?

Über die Qualität der deutschen Wirtschaftsblogszene hat es bisher nur wenige Reflektionen gegeben. Die einzige Debatte, die ich kenne, haben ausgerechnet zwei US-Blogger, nämlich Felix Salmon und Edward Harrison gestartet. Meinen Beitrag dazu habe ich “Bloggerstreit mit Süddeutscher und Spiegel Online” gegeben.

Von meiner damals geäußerten Auffassung brauche ich nicht abrücken: Die deutschsprachigen Wirtschaftsblogs haben weniger ein Qualitätsproblem als ein Wahrnehmungsproblem. Sie werden von den etablierten Medien weitestgehend ignoriert. Das ist bedauerlich und auch erstaunlich, weil sicher ein Teil des “Linkgewichts” der Webseiten von Handelsblatt, FTD, FAZ und vielen weiteren Sites durch Wirtschaftsblogs recht umfangreich gespeist wird.

Aber bevor mit jetzt jemand ein Taschentuch reichen möchte, so wild ist das nicht. Wirtschaftsblogs tun nämlich gut daran, die eigene Bedeutung nicht an der Resonanz in etablierten Medien zu messen. Immerhin lesen doch viele Vertreter der Medienzunft in Wirtschaftsblogs (siehe dazu diese Untersuchung), um Anregungen für Themen zu erhalten und Hintergründe zu recherchieren. Warum sie dennoch Blogs nicht ab und zu einmal zitieren, weiß nur der Abendwind.

Es könnte gar an dem typisch deutschen “Renommier-Komplex” liegen, der fast täglich bei der Zeitungslektüre auffällt. Man zitiert gern “renommierte Quellen”, “anerkannte Fachleute”, “ausgewiesene Experten” oder “prominente Kenner”. Wenn man nicht durch Zufall, die Bild, die FAZ (dazu Knüwers lesenswerter Beitrag: Wie Frank Schirrmacher sich seine Experten aufbläst) oder ein anderes Leitmedium dazu “gemacht” wird, dann hat man es schwer, diesen Status zu erreichen. Sich auf einen Wirtschaftsblog zu berufen, ist in Deutschland (noch?) nicht angesagt. Von der in den USA zu beobachtende sich gegenseitig befruchtende Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsblogs und Medien ist hier leider weit und breit nichts zu sehen (Ausnahme Weissgarnix).

Ich bleibe dennoch bei meiner Auffassung, dass die inhaltliche Qualität vieler nationaler und internationaler Blogs mittlerweile ausgesprochen hoch ist. Möglicherweise liegt aber aber genau darin die Ursache des Wahrnehmungsproblems der Wirtschaftsblogs. Viele schreiben nicht in leicht konsumierbaren Häppchen, sondern holen manchen schwer verdaulichen Brocken an die Oberfläche und bohren an vielen Stellen deutlich tiefer als dies etablierte Medien tun, die meist auch Nichtfachleute adressieren müssen.

Mangelnde Verlinkung und Vertweetung

Der etablierte Wirtschaftsblogger egghat wies in einem Kommentar zum Start des Bloggerforums Wirtschaft auf das Problem der mangelnde Verlinkung der Wirtschaftsblogs hin. Der anonym schreibende Egghat liegt hier richtig und spricht damit ein Thema an, an dem die Wirtschaftsblogs selbst schuld sind. Sie nehmen sich nämlich gegenseitig kaum wahr und führen, anders als etwa die Top 100 Blogger, viel seltener Diskussionen mit- oder gegeneinander (siehe auch “Erfahrungen eines neuen Wirtschaftsblogs”). Viele verlinken eher auf die etablierte Wirtschaftspresse, auf US-Blogs oder am liebsten gar nicht, als auf themenähnliche Blogs im deutschsprachigen Raum.

Die mangelnde Verlinkung der Wirtschaftsblogs gilt übrigens auch für deren Blogrolls. Es sind doch diverse Sites in der Mindmap deutscher Wirtschaftsblogs zu finden, die gar keine Blogs auf ihren Empfehlungslisten haben.

Und was macht jetzt einen guten Wirtschaftblog aus?

Eigentlich wollte ich dieser Frage ausweichen, fand aber den Beitrag ohne einen Streifzug zur Qualität unvollständig. Objektiv lässt sich die Frage kaum beantworten, daher kann ich hier nur meine persönlichen Geschmacksnerven sprechen lassen.

Wirtschaftsblogs befassen sich inhaltlich etwa mit Themen aus der Ökonomie, dem betrieblichen Alltag, der Managementpraxis oder verschiedensten Märkten. Die Vielfalt der Themengebiete, wie sie etwa in der Mindmap Deutsche Wirtschaftsblogs zum Ausdruck kommt, ist erstaunlich hoch. Die Inhalte selbst lassen sich kaum noch ordnen.

Ich mag Blogbeiträge, wenn sie kein Copy und Paste anderer Medien sind und entweder neue Themen hervorholen, bekannte Sachverhalte neu belichten oder eine kritische Position zum Mainstream einnehmen. Häufig freue ich mich schon, wenn bestehende News mit zusätzlichen Hintergrundinformationen und Links auf Primärquellen versehen sind (übrigens eine große Schwäche der etablierten Medien) oder sie über Themen berichten, die bisher nicht den Weg in deutsche (Online-) Medien gefunden haben.

Natürlich wird mir jemand, dem bei meinen Lobeshymnen die Hutschnurr platzt, mich ebenfalls mit Beispielen qualitativ schlechter Beiträge zuschütten können. Aber ich bezweifele gar nicht, dass es auch jede Menge schlechte Beiträge und Blogs gibt. Wie bei Autos, Banken, klassischen Medienseiten oder Politikern, gibt es halt auch Wirtschaftsblogs unterschiedlichste Qualitäten. Und am ende entscheidet der Leser, was er lesen will.

Einen letzten wichtigen Gedanken zu Wirtschaftsblogs hebe ich für einen späteren Beitrag auf, in dem es um die (nicht vorhandene) Kultur in Deutschland geht, Wissen mit anderen zu teilen. Ich glaube nämlich, hier liegt noch ein Hemmschuh für Wirtschaftsblogs.


Quelle: Blicklog

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