Gegenwind für Bond- und Aktienrallye

Die Anhebung der Leitzinsen um einen dreiviertel Prozentpunkt war allgemein erwartet worden, aber mit dem Wortlaut ihrer „Geldpolitischen Beschlüsse“ hat die Europäische Zentralbank gestern wohl alle Beobachter überrascht. Diese vermittelten den Eindruck, als sei das Ende des Zinsanhebungszyklus‘ bereits in Sichtweite. Mit ihren bisherigen Straffungsschritten hätte die EZB bereits „erhebliche Fortschritte bei der Rücknahme der geldpolitischen Akkommodierung erzielt“. Zwar geht die Notenbank davon aus, dass sie „die Zinsen weiter anheben wird“, aber eine bedeutende Referenz aus dem vorherigen Beschluss fand sich in der gestrigen Verlautbarung nicht mehr. Im September hatte es noch geheißen, die Zinsen würden „in den nächsten Sitzungen“ weiter angehoben werden, gestern fehlte dieser Verweis auf die „nächsten Sitzungen“. An den Märkten lösten die Beschlüsse der EZB eine Anleiherallye aus – und das, nachdem die Renditen ja bereits an den Vortagen deutlich gefallen waren. Die Mindesthaltbarkeit dieser Entwicklung dürfte jedoch bereits heute auf eine Probe gestellt werden. Bei den Inflationsdaten für Deutschland zeichnet sich – mal wieder – eine Überraschung zur oberen Seite hin ab.

Lange Zeit wurde der Europäischen Zentralbank vorgeworfen, sie hätte zu spät auf den zunehmenden Inflationsdruck reagiert. Als im Sommer alle Vorbereitungen für Leitzinsanhebungen getroffen waren, legte die Notenbank dann stärker los, als dies im Vorfeld erwartet worden war: 50 Bp im Juli, 75 Bp im September, und noch einmal 75 Bp im Oktober. Mit der gestrigen Einschätzung, bereits „erhebliche Fortschritte“ bei der geldpolitischen Straffung erzielt zu haben, nahmen die Anleger ihre Erwartungen über das Ausmaß weiterer Zinsschritte aber deutlich zurück. Die Spitze des Zinsanhebungszyklus wird nun bei rund 2½% gesehen – vor einer Woche war aus den Terminkontrakten noch die Erwartung von Anhebungen bis auf 3¼% ablesbar. Im Gleichschritt mit dem Rückgang der Zinsanhebungserwartungen fielen auch die Bundrenditen und Swapsätze. 10‑jährige Bundrenditen notierten vor einer Woche noch bei 2,50%, aktuell befinden wir uns nur noch bei 2,00%.

Wie nachhaltig die Abwärtskorrektur bei den Renditen sein wird, muss sich allerdings erst noch erweisen. Der Inflationsdruck scheint aktuell im Zweifel eher noch zuzunehmen. Heute werden für Deutschland und einige andere Mitgliedsstaaten der Eurozone die Inflationsdaten für den zu Ende gehenden Monat Oktober vorgelegt. In Frankreich beschleunigte sich der Preisauftrieb deutlich stärker, in Spanien hingegen deutlich weniger als erwartet. Für Deutschland liegt bislang nur die Berechnung aus Nordrhein-Westfalen vor. Dort stieg die Jahresteuerung (nach Berechnungsmethode des Statistischen Bundesamts) von 10,1% auf 11,0%. Sollte sich dieser Wert auf Bundesebene bestätigen, entspräche die Inflationsüberraschung in etwa dem Ausmaß der gestrigen Zinsanhebung. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass wir infolgedessen an den Rentenmärkten eine „Korrektur der Korrektur“ und damit wieder steigende Renditen sehen werden.

Neben der Zinsanhebung kündigte die EZB gestern auch Modifikationen bei den Konditionen für die TLTRO genannten Langfrist-Refinanzierungsgeschäfte für die Geschäftsbanken vor. Mehr als zwei Billionen Euro wurden im Rahmen dieser Operationen seit Beginn der Pandemie ausgereicht. Bei steigenden Leitzinsen war es den Geschäftsbanken zuletzt möglich, hieraus risikolose Zinserträge im zweistelligen Milliardenbereich zu generieren. Mit den gestrigen Modifikationen wird die Möglichkeit solcher Zinserträge ab Ende November nahezu vollständig eingedämmt. Viele Banken dürften ihre TLTRO-Geschäfte daher vorzeitig auflösen. Bis Ende des Jahres schätzen wir, das die Hälfte bis drei Viertel der ausstehenden Volumina an die EZB zurückgezahlt sein könnten.

Neben den Inflationsdaten werden heute auch die BIP-Wachstumszahlen einiger europäischer Länder für das dritte Quartal veröffentlicht. In Deutschland könnte die Wirtschaftsleistung bereits in den Sommermonaten leicht geschrumpft sein. Am frühen Nachmittag erhalten wir aus den USA mit dem Preisindex der privaten Konsumausgaben und den Arbeitskostenindex zwei von der Fed bevorzugt analysierte Inflationsmaße. An den Aktienmärkten lecken die Anleger nach abermals unbefriedigend aufgenommenen Quartalsberichten aus dem US-Tech-Sektor ihre Wunden – womit auch an den Aktienmärkten die jüngste Kurserholung auf eine harte Probe gestellt wird…

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Der Beitrag Gegenwind für Bond- und Aktienrallye erschien zuerst auf onemarkets Blog (HypoVereinsbank - UniCredit Bank AG).


Quelle unicredit.de