Heibel-Ticker Leserfrage: General Electric hat Talsohle durchschritten

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Einige interessante Leserfragen habe ich letzte Woche in Kapitel 05 behandelt: Warum lasse ich die globalen Tech-Monopolisten seit einigen Monaten links liegen? Und was hat es mit der Short- und Investitionequote beim Sentiment genau auf sich? Zudem habe ich eine Meinung zum US-Chiphersteller KLA Tencor, der ein starkes Chinageschäft besitzt. Pipelinebetreiber GasLog Partners lockt mit 12% Dividende und ich schaue nach, ob die Dividende zufällig so hoch oder der Aktienkurs zufällig so niedrig ist. Zudem habe ich zu General Electric eine Meinung, die ich Ihnen anlässlich einer Kundenfrage heute einmal ausführlich dargelegt habe: Der Trunaround von Larry Culp nimmt Form an.


Nachfolgend sehen Sie die Leserfrage zu General Electric:


Fr, 18. September um 09:46 Uhr

Lieber Herr Heibel,

seit mehr als 7 Jahren habe ich Ihren Börsenberief abonniert. Wie die allermeisten Ihrer Kunden freue ich mich an Ihren offenen, breiten, fundierten und mit Hintergründen versehenen Berichterstattung über das Börsengeschehen. Nun werde ich bald 81 und und die Vergesslichkeit nimmt zu. Deshalb habe nur noch sehr wenige Titel, z.Zt. BASF sowie 2 (alte) Goldpositionen. Ich bin mir bewusst, dass hier die Diversifikation leidet aber ich fühle mich so wohler, weil es mir zuviel wird viele Titel zu überwachen. Ich bin dran, Medios zu kaufen.

In einem „schwachen Moment“ habe ich mit einer herumliegenden $-Liquidität über GE General Electric zu $ 6.56 gekauft. Die Ueberlegung war so tief zu kaufen und dann lange liegen zu lassen. Der Kurs sollte sich langfristig ja mal erholen und ich brauchte dann nicht ewig darauf aufzupassen……. Nun kommen mir Zweifel an dieser „Strategie“.

Frage: Was meinen Sie zu GE?? Soll ich eher drin bleiben oder doch nicht? Ich bin mit meinen 80 Jahren noch aussergewöhnlich gesund, mache grosse Wanderungen und mit meiner Frau zusammen betreuen wir einen grossen Garten.

Mit lieben Grüssen, Josef aus Luzern

Heibel-Ticker Antwort


Vielen Dank für Ihre nette E-Mail.

Der neue CEO Larry Culp räumt auf, was Jeff Immelt (2001 – 2017 CEO von GE) verbockt hat. Mir waren die warnenden Worte von Jack Welsh (1981 – 2001 CEO von GE) im Ohr geblieben, als er das Zepter an Immelt übergab: „Don’t miss it up” – mach’s nicht kaputt.

Unter Jack Welsh stieg die Aktie von 1,10 USD auf 50 USD. Unter Jeff Immelt fiel sie dann auf 25 USD zurück. Larry Culp ist erst seit Ende 2018 CEO von GE, die Aktie stand dann bei nur noch 10 USD. Der fortgesetzte Absturz von 25 auf 10 USD nach Immelts Ausscheiden würde ich noch Immelt zuschreiben.

Man sagt, ein neuer CEO bringt in den ersten 100 Tagen alle Leichen aus dem Keller ans Licht, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat. Bei einem Konzern wie GE, das immerhin am Ende der Zeit von Jack Welsh mal das wertvollste Unternehmen der Welt war, würde ich diese 100 Tage verlängern. Und nun kam noch die Corona-Pandemie hinzu, die den Aktienkurs nochmals in den Keller geprügelt hat. Die Aktie steht nun bei nur noch 7 USD.

Vor einigen Tagen hat Larry Culp nun bekanntgegeben, GE werde im zweiten Halbjahr des laufenden Jahres 2020 einen positiven Cashflow ausweisen. Das ist nicht weniger als die Ankündigung des Turnarounds. Der Tiefpunkt ist durchschritten: Wenn GE ausreichend Cash generiert, um alle Investitionen und Umstrukturierungen aus dem laufenden Geschäft zu finanzieren, dann sind keine weiteren Unternehmensteilverkäufe zu fürchten, keine Kapitalerhöhungen, deren Erlös in vergangenheitsbezogene Problemlösungen fließen. GE kann wieder wachsen und wird meiner Erwartung nach schon bald wieder Gewinn abwerfen.

Wohin könnte die Reise gehen? Nun, ich vergleiche General Electric gerne mit Siemens: 100 Mrd. Euro Jahresumsatz werden mit 87 Mrd. Euro Marktkapitalisierung bewertet, ein KUV von 0,87. Das KUV von General Electric beträgt derzeit 0,55. Sollte es Larry Culp gelingen, General Electric wieder in ein ähnlich profitables Unternehmen wie Siemens zu verwandeln, dann hätte die Aktie ein „Kurspotential” (schreckliches Wort) von 60%.

Ich weiß nicht, ob dies gelingen wird, ich bin allerdings überzeugt, dass Culp bislang die richtigen Entscheidungen getroffen hat. Die Talsohle dürfte meiner Ansicht nach durchschritten sein. Wie schnell und wie weit eine Erholung nun vonstatten gehen kann, ist offen – aber die Richtung stimmt.

Die weiteren Leserfragen finden Sie frei zugänglich im Kapitel 05 meiner Ausgabe 20/38 unter https://heibel-ticker.de/heibel_tickers/1791#ch05