SAP: Mit Autisten auf dem Weg in die Zukunft

Einen ungewöhnlichen Weg will der Walldorfer Softwarekonzern SAP bei der Gewinnung von IT-Mitarbeitern gehen. Wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte, sollen bis zum Jahr 2020 rund ein Prozent der Mitarbeiter des Konzerns Menschen mit einer autistischen Entwicklungsstörung sein.

Nach eigenen Angaben hat SAP bereits Erfahrungen mit der Beschäftigung von Autisten in Indien sammeln können. Sechs Mitarbeiter mit Autismus habe das Unternehmen dort als Softwaretester für Anwendungen der SAP Business Suite eingestellt und seitdem habe das dortige Team sowohl seine Produktivität als auch seinen Zusammenhalt verbessern können, berichtet der Konzern. Im Rahmen eines im vergangenen Jahr gestarteten Pilotprogramms werde aktuell auch in Irland die Auswahlphase für fünf Positionen abgeschlossen, deren Besetzung noch im laufenden Jahr erfolgen solle. Nun werde das Programm weltweit eingeführt, wobei in diesem Jahr in Deutschland, Kanada und den USA begonnen werde.

Autismus ist eine Entwicklungsstörung, die häufig im frühen Kindesalter beginnt. Symptomatisch für autistische Störungen ist die Schwierigkeit, mit anderen Menschen zu kommunizieren und die daraus folgende Vermeidung von menschlichem Kontakt. Teilweise sind auch die Ausprägung von bizarren Bewegungen und die Entwicklung von Stereotypien, sich ständig widerholenden Handlungen, zu erkennen. Dabei  ist die intellektuelle Begabung von Autisten sehr unterschiedlich und reicht von der geistigen Behinderung bis zur normalen Intelligenz, wobei Autisten häufig besondere Begabungen in mathematischen oder technischen Bereichen, aber auch in der Musik zeigen. Autisten zeichnen sich dabei teilweise ebenso durch ausgeprägtes logisches Denken wie auch durch extreme Gründlichkeit und Sorgsamkeit aus.

SAP sieht in dem Programm die Chance, Mitarbeiter mit besonderen Talenten zu finden und zu fördern. Personalchefin Luisa Delgado erklärte den Weg des Konzerns entsprechend mit den Worten: „Jeder Mensch hat andere und einzigartige Fähigkeiten. Wir bei SAP möchten die Talente jedes einzelnen Mitarbeiters fördern“. Und weiter: „Nur wenn wir Mitarbeiter einstellen, die anders denken und so Innovationen fördern, kann SAP den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen.“

Um Menschen mit Autismus zum Beispiel als Softwaretester, Programmierer oder auch Spezialisten für Datenqualitätssicherung als Mitarbeiter zu gewinnen, wird SAP mit dem dänischen Unternehmen Specialisterne (die Spezialisten) zusammenarbeiten. Die Dänen sind international anerkannter Marktführer bei der Besetzung von technologieorientierten Arbeitsplätzen mit autistisch veranlagten Menschen.

SAP wird in Deutschland nicht das erste Unternehmen sein, das gezielt Autisten in den Beruf bringt. Das Berliner Unternehmen Auticon setzt seit 2011 Autisten für das Testen von Software oder Überprüfen von Chips auf Fehler ein. Um die fehlende soziale Kompetenz der autistischen Mitarbeiter abzufedern, werden sie durch Job-Coaches unterstützt, die speziell für diese Aufgabe geschult wurden.