Merck droht portugiesisches Zahlungsverhalten zu sanktionieren

Das mangelnde Zahlungsverhalten portugiesischer Krankenhäuser hat jetzt die Toleranzgrenze des deutschen Pharmakonzerns Merck KGaA überschritten. Wie die Financial Times Deutschland (FTD) am Montag berichtet, hat das Dax-Unternehmen der Regierung in Lissabon gedroht, Forschungsmittel in zweistelliger Millionenhöhe aus Portugal abzuziehen, wenn die staatlichen Krankenhäuser weiterhin die getroffenen Abmachungen zur Schuldentilgung verletzten.

Hohe Außenstände, lange Zahlungszeiten

Der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern reagiert damit auf die schlechte Zahlungsmoral der Krankenhäuser unter staatlicher Führung in Portugal. Die FTD beziffert die Außenstände der staatlichen Krankenhäuser in Portugal gegenüber der Pharmaindustrie mit insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Euro und die Dauer der Wartezeit bis die Rechnungen bezahlt werden auf durchschnittlich 550 Tage. Zur Höhe des Anteils, der dabei auf Merck entfällt, werden keine Angaben gemacht.

Merck sieht Vertrauensverlust

Der Geschäftsführer von Merck in Portugal, Fritz Sacher begründete die Maßnahme des Konzerns gegenüber der FTD damit, dass das gegenseitige Vertrauen, welches eine wesentliche Grundlage für die langfristig angelegte Investition der Merck KGaA in Forschung sei, durch den fehlende Zahlungsmoral des portugiesischen Staates untergraben werde. Auf Grund der mangelhaften Zahlungsmoral in den südeuropäischen Krisenländern haben Produzenten wie Roche oder Novo Nordisk den kreditfinanzierten Verkauf von Medikamenten in Länder wie Griechenland und Portugal aber auch Spanien und Italien bereits teilweise eingestellt und liefern einige Produkte nur noch gegen Barausgleich.

Gewichtiges Druckmittel

Die Drohung Mercks zeigt eine neue Dimension im Kampf der Pharmaunternehmen, ihre Außenstände zu sichern und zeitnah einzutreiben. Portugal bietet derzeitig eine gute Forschungsinfrastruktur mit einem ausgezeichneten internationalen Netzwerk, die mit US-amerikanischen Verhältnissen vergleichbar ist, jedoch ein deutlich besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Ein Abzug von Forschungsmitteln aus Portugal würde zwar auch eine Belastung der pharmazeutischen Industrie mit sich bringen, wenn neue Netzwerke aufgebaut werden müssen, dürfte aber insbesondere die sehr gute Stellung Portugals im Forschungssektor empfindlich schwächen. Mit einer Verlagerung von Forschungsaktivitäten, bei der zunächst Spanien, mittelfristig jedoch vermutlich insbesondere osteuropäische Länder favorisiert werden dürften, droht Portugal nicht nur der Verlust von Investitionsmitteln sondern auch von talentierten Wissenschaftlern und Know how. Eine Entwicklung die auch Spanien drohte, das ebenfalls die Schuldenlast gegenüber der Pharmaindustrie deutlich erhöht hatte. Hier reagierte die Regierung allerdings bereits im Februar mit einem Sonderprogramm, dass den regionalen Krankenhäusern eine Kreditlinie von 35 Millionen Euro bot, mit denen eine Begleichung der Schulden gegenüber der Pharmaindustrie ermöglicht wurde.
 


Foto By Kuebi = Armin Kübelbeck (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons