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Bertelsmann entmystifiziert Thomas Middelhoff


image Regelmäßige Leser des Blick Logs wissen, dass die Entmystifizierung von Hypes und Personenkulten zu gern genommenen Themen dieses Blogs gehören. Und auch Thomas Middelhoff wurde hier schon kritisch begleitet, als er seinen Ausstand bei Arcandor "feierte" (siehe Middelhoff: Ende mit Bluffeffekt?).

Nun hat aber, wie ich finde in dieser Deutlichkeit für ein Unternehmen überraschend, ausgerechnet Middelhoffs früherer Arbeitgeber Bertelsmann mit ihm "abgerechnet" (Handelsblatt). Vehikel für diese "Abrechnung" ist eine Unternehmenschronik, die der Wirtschaftshistoriker Hartmut Berghoff zum 175-jährigen Bestehen des Medienkonzern erstellt hat.

Die Schärfe, mit der Berghoff Middelhoff kritisiert, ist auch deswegen überraschend, weil er durch den Verkauf der AOL-Europa-Anteile dem Konzern einen Gewinn von 6,75 Mrd. Dollar und durch seine Akquisitionspolitik den heute wichtigsten Gewinnbringer des Unternehmens, Europas größten Fernsehkonzern RTL Group, bescherte. Die Kritik bezieht sich dabei vor allem auf seinen Führungsstil und den Plan, Bertelsmann mit AOL zu verschmelzen. Einen Plan, den der mittlerweile verstorbene Reinhard Mohn damals ablehnte und dessen Umsetzung Time Warner das "miserabelste Geschäft des Jahrhunderts" (Time-Warner-Chef Jerry Levin) eingebracht hat.

Die Chronik wertet Middelhoff als Hasardeur mit aberwitzigen Plänen. Das Handelsblatt holt einige Zitate aus der Chronik, wie etwa

Zur allgemeinen Internet-Euphorie Ender 90-er Jahre: "Im Rückblick sind die Schwächen dieses Aufbruchs an allen Fronten leicht zu erkennen. Ohne klare Fokussierung wollte Bertelsmann überall dabei sein. Middelhoffs Kurs entsprach der allgemeinen Desorientierung."
"Er inszenierte sich als globaler Managerstar und verkündete, Bertelsmann müsse radikal neue Wege gehen – alle Geschäfte sind betroffen, nichts bleibt verschont. Wer zögert, hat verloren’."

"Middelhoff missachtete das Grundprinzip der dezentralen Führung, als er BeCapital im Gegensatz zu allen anderen Sparten beim Vorstand ansiedelte. Damit wollte er sich von internen Widerständen befreien, erreichte aber das genaue Gegenteil. Im Juli 2002, wenige Wochen vor dem Ende der Talfahrt der Nasdaq, erfolgte Middelhoffs Entlassung."

Middelhoff gehört zu dem Typus Manager, die das Vokabular der Businessschools perfekt beherrschen und sich zu inszenieren verstehen (siehe z.B. dieses Interview mit dem Spiegel 2007). Wer will, der kann auch die Überlegungen Middelhoffs, gegen die Darstellung in der Chronik juristisch vorzugehen, als Beleg dafür ansehen. Erfolge ihrer Managementzeit rechnen sie sich selbst dann vollmundig zu, wenn der Erfolg durch eine gehörige Portion Zufall determiniert war. Dagegen werden für Misserfolge gern Umstände und Personen außerhalb der eigenen Einflusssphäre verantwortlich gemacht.

Ich gehe einmal davon aus, dass unter Middelhoff zahlreiche Manager ihren Job und mindestens ihren Posten verloren haben, weil sie Middelhoff nicht "nutzten", weil sie unbequeme Fragen stellten oder seinen Visionen im Wege standen. Schade, dass niemand an dieser Personen denkt, denen der Bielefelder Middelhoff einen Karriereschmiss beigebracht oder sogar ihre Karriere komplett ruiniert hat.


Quelle: Blicklog

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