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Rück Blick Log 2009


Wrecked wreckDas Jahr 2009 ist in wenigen Stunden Geschichte und eigentlich bin ich viel zu spät dran mit meinem Jahresrückblick. Üblicherweise läutet man ja bereits im August das Jahresende ein. Und den Dezember selbst gibt es schon lange nicht mehr etwa im Jahresrückblickheft des Spiegels.

Und was bleibt nun noch zu schreiben? Das Jahr ist doch im Vergleich zu den ökonomischen Erwartungen vor genau einem Jahr sehr glimpflich verlaufen. “Nie waren Prognosen so schlecht wie 2009” titelte vergangene Woche die Welt.

Die von den Wirtschaftsmedien verbreitete Stimmung vor 12 Monaten glich denn auch einer tiefen Depression mit noch dunkleren Aussichten. Über Wochen hämmerten uns die Schlagzeilen noch bis in den März hinein ein, wie schlecht es um die Banken und Unternehmen bestellt ist. Ein paar Schlagzeilen aus dem Januar:

Die Finanzelite war ratlos und schwieg. Vom Weltwirtschaftsforum in Davos kam von den vermeintlichen Vordenkern nichts Gescheites. Mir schmeckte die gesamte Berichterstattung nicht mehr und schrieb, dass die Wirtschaft so richtig fies bitter schmeckte. Im Februar machte ich mich auf die Suche nach positiven Nachrichten und es gab im Blick Log eine “Positive Presseschau”.

Bereits im Januar hielt ich die von den Finanzmärkten ausgehende Hysterie für übertrieben und schrieb in einem Grundlagenartikel, warum die angekündigten Horrorabschlüsse der Banken uns nicht schrecken sollten. Es sollte aber noch bis in den März dauern bis sich die Stimmung aufhellte. Die Trendwende folgte der Kommunikation des US-Plans zum Ankauf toxischer Wertpapiere von US-Banken.

Mitte April stellten die Medien ihre Berichterstattung aus welchen Gründen auch immer von Moll auf Dur um. Die Stimmung hellte sich insgesamt auf. Der ganz große Zusammenbruch schien vorerst abgewendet und an die dunklen Prognosen zum Jahreswechsel mochte sich keiner mehr erinnern. Dafür traten andere Themen in den Vordergrund. Zu meinem Leidwesen zog der Fall Opel nicht nur die Aufmerksamkeit der Wirtschaftspresse, sondern vor allem die der Regierung auf sich. Der neue deutsche Wirtschaftsminister zu Guttenberg hatte von Anfang an vor, sich über Opel zu profilieren. Kanzlerin Merkel lud zum Opel-Pitch ins Kanzleramt ein. Im Blick Log entstand ab Mai begleitet von großer Skepsis eine Mindmap des Opel-GM-Interessengeflechts.

Neben dem Fall Opel waren drei weitere Unternehmen Gegenstand intensiver Betrachtung dieses Blogs, weil sie jeweils durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und Medienaufmerksamkeit für genügend Nachschub an Diskussionsstoff sorgten. Dazu gehörte der Fall von Arcandor, der ebenfalls eine Mindmap erhielt sowie Volkswagen, die mit dem Kauf von Porsche eine nach meiner Auffassung bis heute ökonomisch nicht plausible Entscheidung trafen. Für mich war und ist die Transkation ökonomisch unsinnig. Bereits im Juli vermutete ich, dass sich der mit der Transaktion verbundene Imageeinbruch auf die Absatzzahlen von Porsches auswirkt.

Auch bei einem anderen Unternehmen sollte sich meine Skepsis als richtig erweisen. Im August fragte ich. “Schicken Himmelspreise von Sky Aktienkurs in die Hölle” Im Dezember folgte die Antwort mit “Sky hat sich mit Neupositionierung in die Hölle katapultiert”.

Ich bin kein Freund von Punktvorhersagen. Dennoch verfolge ich bestimmte Entwicklungen mit Skepsis, dazu gehören vor allem gehypte Themen wie die Schweingrippe oder die Goldeuphorie. Im November fragte ich Blasenbildung und Herdenverhalten beim Gold? Schade, dass ich auf Basis meiner Einschätzung nicht selbst den besprochenen Put-Optionsschein gekauft habe. Zum Zeitpunkt des Artikel notierte er bei 1,22 € und mittlerweile über 2 €.

Ein weiteres großes Thema war der Mittelstand und wird es auch bleiben. Die Kreditklemme, die ich vor allem als Finanzierungsklemme sehe, spielte eine zentrale Rolle in vielen Beiträgen und hat sogar eine eigene Blog-Seite erhalten. Gelöst ist das Thema immer noch nicht. Besonders geärgert habe ich mich hier, dass hier zwar viele Ideen ventiliert aber kaum etwas umgesetzt wird (siehe zuletzt Häppchengipel im Kanzleramt zur Finanzierungsklemme erkennt Eigenkapitalproblem”).

Ebenfalls eine eigene Seite hat das Thema Führung, Anreize, Bonus und Motivation erhalten. Insbesondere die Debatte über die angemessene Höhe von Bonuszahlungen kochte gewaltig. Beendet ist diese Diskussion nicht.

Andere Diskussionen sind dagegen eingeschlafen, wie etwa die über die Lehren aus der Finanzkrise (siehe Mindmap). Die Staatengemeinschaft durfte zwar die Finanzwelt retten (es blieb ihr auch nichts anderes übrig), die Maßnahmen in Richtung einer neuen Finanzordnung sind aber deutlich ausgebremst worden. Die Finanzwelt selbst zog es übrigens vor, weitestgehend zur Finanzkrise zu schweigen und erschreckte mit äußerst dünnen Analysen. Natürlich blieben unangenehme Fragen an die Banken zunächst unbeantwortet. Einzige Josef Ackermann traute sich mit Aussagen an die Öffentlichkeit.

Dem Mainstream der Finanzbranche mangelt es bisher in erschreckender Deutlichkeit an neuen Konzepten. Deutlich aktiver zeigten sich Bankenvertreter, als es um den Erhalt des Status Quo ging und sie mit entsprechender Lobby-PR Geschütze gegen die neue Finanzordnung auffuhren. Eigene Vorschläge, was zu ändern wäre, unterblieben oder schmoren im Verborgenen. Immerhin weiß man, was man nicht will. Mittlerweile ist die Nahtoderfahrung der Finanzkrise verblasst und ein echter Neustart des Finanzsystems ist von der Agenda verschwunden.

Aber nicht nur die Bankendiskussion ist verblasst. Ebenfalls schreibt kaum noch jemand über die miese Qualität von Prognosen und die Zukunft ökonomischer Vorhersagen. Dabei hat hier das Umdenken bereits begonnen hat. Wir müssen weg von den Punkaussagen und uns über Szenariosimmulation mit verschiedenen Risiken befassen. Es geht dabei nicht um Risikovermeidung aber um ein sachgerechtes Risikomanagement.

Stop! Ich komme hier ja von Stöckchen zum Hölzchen und könnte wohl noch Stunden weiter schreiben. Dabei wollte ich ja nur einen kurzen Rückblick auf das Blogjahr versuchen. Doch je länger ich darüber schreibe, desto mehr fällt mir auf, wie spannend das Jahr für die Wirtschaft war. Das erste komplette Jahr, das ich als Blog begleitet habe, hielt für einen Wirtschaftsblog jedenfalls unglaublich viele Themen bereit, über die ich hier schreiben durfte. Sehr viele weitere Themen stehen auf einer langen Merkliste, fielen aber dem Zeitmangel zum Opfer. Das wird sich vermutlich auch im neuen Jahr nicht ändern. Dennoch freue ich mich, weiter über das schreiben zu können, was ich gern lese.

Einige ausgewählte Rückblicke

Wiwo: Jahresrückblick So war 2009

Social Banking: Was war, wird nicht mehr sein: Der kleine Jahresrückblick 2009

Spon: Hurra, wir leben noch!

HB: Welche Branchen 2009 am meisten gelitten haben

Extra Drei: Der satirische Jahresrückblick als Video

NYT: 2009: The Year in Pictures

wsj. 2009. Year in Photos

HB: Spiel: Personal-Rochaden 2009 – Wer beerbte wen?

SZ: Der interaktive Jahresrückblick 2009

HB: Time Magazine: Bernanke ist „Person of the Year“

FTD: 2009 – Überlebenskampf nach der Pleite

HB: Aktiengeschichten 2009: Von Stehaufmännchen und Abstiegskrämpfen

FTD: Insolvenzen 2009: Jahr der Mega-Pleiten

HB: Einzelhandel 2009: Das Jahr der billigen Lebensmittel


Quelle: Blicklog

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