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Turnarounds seldom turn. But when they turn...


Turnaround-Spekulationen sind bei Anlegern beliebt aber selten erfolgreich. Der Reiz liegt einfach darin, Aktien eines Unternehmens zu ausgebombten Kursen zu kaufen, die früher in ganz anderen Spähren zuhause waren. Was so stark abgestürzt ist, muss ja eine Riesenchance darstellen, der Kurs muss sich ja wieder erholen, so lauten die gängigsten Ansichten. Nun, er muss nicht. Es gibt zumeist sehr gute Gründe, weshalb Aktienkurse abstürzen und nicht selten folgt auf den Kursabsturz die Pleite und damit der Totalverlust des investierten Geldes. Anleger tun also gut daran, sich an Turnaround-Versuche nur unter größter Vorsicht und Sorgfalt heranzuwagen.

Ich habe mich in zwei ausführlichen Artikel bereits diesem Thema gewidmet. Anfang 2013 unter "Turnaround: Profitieren, wenn gefallene Engel wiederauferstehen" und Anfang 2016 unter "Turnaround-Spekulation: Wenn Totgesagte länger leben" und die hierin vorgestellten Werte haben die Hoffnungen nicht alle erfüllt, zumindest ist kein Totalausfall darunter. Darüber hinaus habe ich kürzlich mit der Frage "Turnaround-Spekulation als Value Investment?" beschäftigt. Neben diesen drei Artikeln habe ich ab und zu auch Einzelwerte in Turnaround-Situationen hier im Blog besprochen und bisweilen auf meine Empfehlungsliste gesetzt. Und darum geht es auch heute, um drei Unternehmen, deren Business total abgestürzt ist und ihr Aktienkurs ebenso. Bei denen aber die Hoffnung besteht, dass sie die Kurve kriegen und den latenten Krisenmodus wieder verlassen können und wieder zu stinknormalen Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell werden.

Also werfen wir einen Blick auf die drei Turnaround-Kandidaten...


:: DF Deutsche Forfait
Die Deutsche Forfait war ein sehr erfolgreiches Forfaitierungsunternehmen, doch dann wurde sie auf die Sanktionsliste des US-Außenminsteriums gesetzt, weil man angeblich Geschäfte mit dem Iran getätigt hatte. Das Geschäft brach in sich zusammen, der Aktienkurs ebenfalls und es folgt die Insolvenz. Inzwischen ist man längst wieder von der Liste gestrichen und die Vorwürfe sind nie belegt worden. Der Schaden war trotzdem angerichtet und die Aktionäre haben fast alles verloren.

Nach Insolvenz, Sanierungsplan, Kapitalherabsetzung, Forderungsverzicht der Gläubiger und Kapitalerhöhung kann die Deutsche Forfait nun wieder durchstarten. Im Juni gab es eine Kapitalerhöhung um €7,5 Mio. und diese wurde vollständig vom neuen Großaktionär Dr. Shahab Manzouri aus London gezeichnet, der eine langjährige Erfahrung im Trade Finance Sektor aufweist. Die ebenfalls im gerichtlich bestätigten Insolvenzplan beschlossene Sachkapitalerhöhung in Höhe von €3.707.483,00 ist ebenfalls erfolgt und nach Durchführung und Eintragung der beiden Kapitalmaßnahmen beträgt das Grundkapital der Gesellschaft €11.887.483, eingeteilt in 11.887.483 auf den Namen lautende Stammaktien.

 DF Deutsche Forfait (Quelle: finanzen.net) 
Mitte Oktober legte die DF dann einen angepassten Budgetplan vor, da sich abzeichnete, dass man das operative Geschäft noch nicht in 2016 wieder aufnehmen würde. Vor dem Wiedereintritt in den Markt für Außenhandelsfinanzierung sollte das Compliance- und Risikomanagementsystem der Gesellschaft dahingehend optimiert werden, dass es höchsten internationalen Maßstäben vollumfänglich gerecht wird. Die Gesellschaft wurde dazu von mehreren internationalen auf Compliance und Sanktionsrecht spezialisierten Anwaltskanzleien beraten.

Am 9. November, dem Tag des US-Präsidentenwahl, legte die DF dann den Geschäftsbericht für das Rumpfgeschäftsjahr vor vom 1. Januar bis 1. Juli 2016. Der Bilanzstichtag entspricht dem Tag der Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Gesellschaft und die DF-Gruppe hat in diesem Rumpfgeschäftsjahr 2016 einen Konzerngewinn von €34,2 Mio. (1. Hj. 2015: €-5,3 Mio.) verbucht, der im Wesentlichen aus dem im veröffentlichten Insolvenzplan ausgewiesenen Sanierungsgewinn aus dem beschlossenen Teilverzicht der Gläubiger resultiert. Dieser Sanierungsgewinn wurde durch die im Rumpfgeschäftsjahr entstandenen Kosten und operativen Verluste reduziert.

Das Geschäftsvolumen der DF-Gruppe lag erwartungsgemäß bei lediglich €3,4 Mio. (1. Hj. 2015: €37,3 Mio.), da das operative Geschäft während des Insolvenzverfahrens nahezu eingestellt wurde. Diesen Zahlen sollte man also nicht allzu viel Bedeutung beimessen; viel interessanter ist der Blick auf die Zukunft. Zum Bilanzstichtag 1. Juli 2016 wies die DF-Gruppe ein positives Eigenkapital in Höhe von €12,7 Mio. (31.12.2015: €-32,1 Mio.) auf, womit der Gesellschaft wieder eine ausreichende Kapitalbasis zur Wiederaufnahme des operativen Geschäfts zur Verfügung steht. Die in der Konzernbilanz aufgeführten "Verbindlichkeiten Gläubiger" werden allein aus der Verwertung des zum Zeitpunkt der Feststellung des Insolvenzplans bestehenden Vermögens bedient, hier gibt es also keine offenen Flanken für die Zukunft mehr.

Eine seriöse Bewertung kann man heute natürlich nicht vornehmen, denn die DF hat zwar wieder ein solides Eigenkapital, dem aber vergleichsweise hohe Kosten gegenüber stehen. Denn bisher verfügt die DF noch über kein operatives Geschäft, das soll nun jedoch anlaufen. Und einer der Schwerpunkte wird die Finanzierung von Geschäften mit dem Iran sein, was seit Ende der Atom-Sanktionen ja als einer der lukrativsten Zukunftsmärkte angesehen wird aufgrund des enormen Nachholbedarfs der Iraner. Ich habe mich hier schon über die letzten Tage mit kleinen Stückzahlen eingekauft, weil mir das Chance-Risiko-Verhältnis überdurchschnittlich attraktiv erscheint. Hierbei setzte ich natürlich auf auf den neuen Großaktionär und Neu-Vorstand Manzouri, ohne den die DF haute wohl nicht existieren würde und der viel Geld in die Hand genommen hat, um sie wieder mit Leben zu füllen. Ich setze also auch und besonders auf seinen Eigennutz, denn er will sein Geld ja sicherlich vermehren.

P.S.
Nun habe ich meinen Artikel endlich fertig und da platzt die DF mit einer wichtigen Meldung herein: Die DF Deutsche Forfait-Gruppe unterzeichnet eine Absichtserklärung mit der iranischen Saman Bank., einer der größten privaten Banken Irans, im Bereich Außenhandelsfinanzierung . Gemeinsam möchte man das Angebot von Finanzierungslösungen für den Güteraustausch zwischen deutschen sowie internationalen Exporteuren und iranischen Handelspartnern ausbauen und Beratungsleistungen zur Etablierung von Handelsbeziehungen mit iranischen Geschäftspartnern anbieten. Beide Partner erwarten einen deutlichen Anstieg des Handelsvolumens mit dem Iran in den nächsten Jahren, nachdem die Europäische Union und die USA mit Abschluss des Atomabkommens (JCPOA) Anfang des Jahres 2016 zuvor bestehende Sanktionen gelockert haben. Die Marktchancen für Spezialisten in der Außenhandelsfinanzierung hätten sich aus Sicht des Managements angesichts weltweit zunehmender Krisenherde und steigender Risiken für Exporteure weiter erhöht und die DF-Gruppe legt dabei den Fokus in den nächsten Monaten auf Märkte im Mittleren Osten wie dem Iran, wo Wirtschaftsexperten in den kommenden zwei bis drei Jahren allein für Deutschland eine Verdoppelung der Handelsvolumina erwarten.

Der Aktienkurs reagiert jedenfalls schon einmal positiv und sollte sich weiter Richtung Norden orientieren, sobald die DF das operative Geschäft aufnimmt und hierüber berichten wird.


:: SBF
Unter SBF AG kann sich noch niemand etwas vorstellen, doch als Corona Equity Partner AG hat das Unternehmen bereits eine bewegte Vergangenheit hinter sich, auch an der Börse. Und das ist nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte, denn die Erfolge als Beteiligungsunternehmen sind kaum auszumachen. Vielmehr stand man mit dem Rücken zur Wand und musste dringend neues Geld auftreiben. Um bei einem Pennystock aber eine Kapitalerhöhung durchführen zu können, muss dessen Aktienkurs zuerst über die Marke von €1 gehoben werden und Corona tat dies im Wege einer Kapitalherabsetzung - es wurden zehn alte Aktien zu einer neuen zusammengelegt. Der entstehende Betrag wurde zur Deckung des aufgelaufenen Bilanzverlust herangezogen und die Reste in die Kapitalrücklage eingestellt. Hieran erkennt man, dass es noch Leute gibt, die an ein erfolgreiches Weitermachen glauben.

 SBF AG (Quelle: finanzen.net) 
Ganz nebenbei wurde das im m:access der Börse München notierte Unternehmen in SBF AG umbenannt, was der einzig verbliebenen Tochter zu verdanken ist, der SBF Spezialleuchten GmbH, einem international tätigen Systemanbieter für Decken-, Beleuchtungs- und Belüftungssysteme für Schienenfahrzeuge. Das Unternehmen hat sich dabei auf LED-Systeme für den Außen- und Innenbereich von Schienenfahrzeugen jeglicher Bauart spezialisiert und Großkunde ist naturgemäß die Deutsche Bahn.

Die Bilanz zu bereinigen ist eine Sache, sie mit Kapital aufzufüllen eine andere. Ende Mai erfolgte dann die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen, bei der insgesamt 5.047.959 neue auf den Inhaber lautende Stückaktien ohne Nennbetrag, jeweils mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von €1,00 und voller Gewinnbeteiligung ab dem 1. Januar 2015 ausgegeben wurden und zwar zu einem Preis von €1,10. Damit floss der Gesellschaft ein Gesamtemissionserlös von €5,6 Mio. zu. Und das Geld wurde gleich gewinnbringend eingesetzt, denn es wurde umgehend die ausstehende 6%-Wandelanleihe abgelöst und damit künftig ein um rund €200.000 pro Jahr signifikant verbessertes Finanzergebnis erreicht.

Ganz entscheidend für die SBF ist also der operative Erfolg der Tochter und diese konnte erstmals in der Unternehmensgeschichte ein positives Halbjahresergebnis vorlegen. Für die Aktionäre der SBF AG bleibt hier allerdings noch nichts von übrig, weil die AG selbst in dieser Zeit ja erheblichen Aufwand für ihre Kapitalmaßnahmen hatte und daher unterm Strich nicht viel übrig geblieben ist. Nachdem die SBF AG nun bilanziell wieder auf soliden Füßen steht, dürfte sich dies auch positiv auf die Tochter und somit das operative Geschäft auswirken. Der Trend hin zur Schiene spielt der SBF in die Karten und nicht nur bei neuen Zügen kommt die SBF-Technik zum Einsatz, sondern auch bei der Erneuerung der Beleuchtungssysteme in aktiven Zügen. Durch den Einsatz moderner LED-Systeme kann nicht nur die Beleuchtungssituation verbessert werden, sondern es sinkt auch der Energieverbrauch sowie der Wartungsaufwand für die Kunden, die Bahnbetreiber.

Die SBF AG ist ein kleiner Nischenwert und hat in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, Ruhe und Solidität in ihr Geschäft zu bringen. Ohne Erfolg, wie man letztlich erkennen musste. Nun hat man sich zu einem harten Schnitt bereit gefunden und das Unternehmen finanziell wieder solide aufgestellt - und damit die Basis geschaffen, künftig erfolgreich unternehmerisch tätig zu sein. Risikobereite Anleger können sich ein paar Stücke als Depotbeimischung gönnen; man muss hier aber einen langen Atem mitbringen.

»Geduld ist die oberste Tugend des Investors.«
(Benjamin Graham)

:: United Electronic Technology
Die UeT war schon einmal Thema hier im Blog und zwar im August letzten Jahres, als ich eine Leseranfrage beantwortet habe. Ob United Electronic Technology ein klassischer Turnaround-Kandidat sei habe ich damals verneint und nachdem der Aktienkurs sich seitdem mehr als halbiert hat, wage ich einen erneuten Blick. Im Grunde hat sich nicht viel verändert, operativ kann zwar bisweilen punkten, aber die Bilanzsituation ist ziemlich brenzlig. Das sahen auch die Eigentümer so und haben zuletzt einige Verrenkungen gemacht, um das Unternehmen endlich solide(r) aufzustellen.

Die Tochter UET Electronic Holding GmbH stand bisher nur zu 51% im Eigentum der UET AG, doch nun wird der bisherige Minderheitseigner Palace Park Ltd. seine 49-prozentige Beteiligung an der GmbH als Sachkapitaleinlage in UET AG einbringen.

Durch diese 3 Millionen Euro schwere Sachkapitalerhöhung wurde die UET AG Alleingesellschafterin an der UET Electronic Holding GmbH und somit auch mittelbar Alleingesellschafter an ELCON Systemtechnik, NewTal Elektronik + Systeme, SUCONI Service und Letron Electronic und damit stehen die Ergebnisse künftig komplett der UET AG zu. Außerdem können nun in einem weiteren Schritt  die operativen Gesellschaften ALBIS Technologies und ELCON Systemtechnik besser operativ integriert werden.

 United Electronic Technology (Quell: finanzen.net) 
Darüber hinaus hat der Konzern seine Schulden um €7 Mio. reduziert, indem man für jeweils €1 von den bestehenden Aktionären Palace Park Ltd. und FIGLIO Beteiligungsverwaltung deren bestehende Gesellschafterdarlehen samt bisher angelaufener Zinsen im Ausmaß von rund €7 Mio. zurückkauft.  Somit reduzieren sich nicht nur die sonstigen Verbindlichkeiten im Konzern um €7,0 Mio., sondern es wird durch die Maßnahme zu einem außerordentlichen Ertrag aufgrund des Forderungsverzichts kommen. Wichtiger ist indes, dass das Finanzergebnis künftig nicht mehr durch die Zinsen belastet wird und daher positiver ausfallen wird als bisher.

Diese Schritte waren notwendig, weil die bisherigen operativen Fortschritte, die sich auch aus den Halbjahreszahlen ablesen lassen, durch die katastrophale Bilanz- und Verschuldungssituation mehr als zunichte gemacht wurden. Hier stehen die Zeichen nun auf Besserung, allerdings wird noch eine zusätzliche Kapitalspritze nötig sein, um die UET-Gruppe endlich auf solide Beine zu stellen, denn auch nach den bereits erfolgten Maßnahmen weist die UET-Bilanz noch immer ein negatives Eigenkapital auf. Und so wird es zu einer Kapitalerhöhung kommen (müssen), was bisher undenkbar erschien. Doch nachdem man die Bilanz aufgeräumt und die Konzernstruktur vereinfacht hat, mit dem begleitenden Nebeneffekt, dass künftig ohne die abfließenden Minderheitsanteile mehr Geld in der UET-Kasse verbleiben wird, sollten sich hier die Chancen erheblich verbessert haben. Auf dieser Basis könnte es durchaus erfolgreich zum Einwerben von frischem Geld kommen und das nicht nur aus dem Kreis der bisherigen Eigentümer.

Eigentlich ist es ja immer ein schlechter Zeitpunkt, vor einer Kapitalerhöhung Aktien zu erwerben. Allerdings wäre diese bei der UET ja lediglich Teil einer erfolgreichen Sanierung, nachdem schon erhebliche Vorleistungen der Gesellschafter erfolgt sind. Es könnte daher für spekulative Anleger durchaus lohnen, sich auch heute schon einige Aktien der UET ins Depot zu legen und auf einen erfolgreichen Turnaround zu setzen. Sähen die bisherigen Kapitalgeber und Gläubiger hier keine aussichtsreiche Chance, hätte man die bisherigen Schritte unterlassen und einfach nur den Ausverkauf der Tochtergesellschaften versucht.


Ausdrücklicher Risikohinweis
Bei allen Aktienkäufen besteht das Risiko eines Totalverlusts, bei Turnaround-Werten liegt dieses allerdings noch signifikant höher, denn die Unternehmen befanden bzw. befinden sich ja in ernsten und bisweilen existenzbedrohlichen Schieflagen. Wer hier zu spekulieren bereit ist, sollte es nur mit kleinem Einsatz tun, die Werte allenfalls als Depotbeimischung verstehen, und sich in Klaren darüber sein, dass sie einer ständigen und erhöhten Aufmerksamkeit bedürfen. Der Blick alleine auf die Chancen eines erfolgreichen Turnarounds reicht keinesfalls aus, die Risikobetrachtung kommt zuerst! Denn Aktien können auch auf Null fallen, warnte schon Börsenlegende Jesse Livermoore.

»Der Totalverlust ist die hässliche Schwester des Turnarounds.«
(Michel C. Kissig)

Ich nehme die DF Deutsche Forfait, SBF und United Electronic Technology als hoch riskante, jedoch aussichtsreiche Turnaround-Spekulationen auf meine Empfehlungsliste.

Quelle: „Michael C. Kissig, iNTELLiGENT iNVESTiEREN

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