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Vor Blick Log 2010


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Vor genau einem Jahr klang meine Begrüßung für das neue Jahr vergleichsweise und vor allem für die ökonomische Lage optimistisch. Freilich blieb ich auch unkonkret, was bekanntlich für eine Vorschau stets besser ist. Erst ein paar Tage nach der Zeitenwende, die Stimmungslage in der Wirtschaft näherte sich gerade ihrem Tiefpunkt, wagte ich einen positiven Ausblick auf die Finanzbranche, weil ich nicht an die sehr hohen Kreditausfälle und die sehr niedrigen Bewertungen in den Bankbilanzen glauben wollte.

Diese Einsicht erwies sich bereits drei Monate später als richtig. Für das neue Jahr sehe ich allerdings keinen so eindeutigen Anker. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von Baustellen, aus denen wahlweise ein modernes Gebäude oder eine Bauruine werden kann.

Die Konjunkturprognosen von vor einem Jahr erwiesen sich mehrheitlich als falsch, weil sie viel zu pessimistisch waren (wer es genau wissen will, der scrollt auf dieser Seite einmal runter zur Jahreswende 2008/09). Warum die Qualität der für 2010 besser ausfallenden Konjunkturprognosen besser sein sollen, hat mir niemand vermitteln können. So lange Prognosen nicht mit einer Risikokennziffer versehen sind, nehme ich sie nicht mehr ernst, selbst wenn Medien das Etikett “renommiert” dem Propheten anheften.

Es gibt viele Sollbruchstellen. Insbesondere besteht weiterhin hohe Unsicherheit darüber, ob nicht doch die restriktive Kreditvergabe der Banken den Aufschwung ins Stottern bringt. Viele Unternehmen, die in den nächsten Monaten die Jahresabschlüsse ihren Hausbanken einreichen, müssen aufgrund des gebrochener Covenants mit Restriktionen rechnen. Vom Krisenmanagement werden sich daher viele Unternehmen noch lange nicht verabschieden können.

Die Kreditvergabepraxis hängt maßgeblich von den Entwicklungen auf den Finanzmärkten ab. Im Gegensatz zu vor einem Jahr, als die nackte Angst kaum noch zu steigern war, misstraue ich diesmal der verbreiteten Zuversicht. Zu viele Risiken lauern an verschiedensten Stellen, die wir uns vielleicht noch gar nicht vorstellen können. Und auch in den Bankbilanzen glänzt es noch längst nicht, selbst wenn Zahlen von Goldman Sachs oder der Deutschen Bank uns etwas anderes glauben lassen. Aber die Finanzwelt besteht schließlich aus mehr als diesen beiden Instituten.

Über die Anfälligkeit der Finanzmärkte für negative Überraschungen haben uns die Zahlungsfähigkeit von Dubai und die Rating-Herabstufung von Griechenland noch vor wenigen Wochen eine Lehrstunde erteilt. Dies Episoden sind vorerst glimpflich ausgegangen, gelöst sind die Probleme damit nicht.

Oder die Baustelle Landesbanken. Hier glaubte man vor dem Fall der Hypo Alpe Adria, die Länderinstitute hätten bereits das Schlimmste hinter sich. Neue Überraschungen sind hier keineswegs ausgeschlossen, insbesondere wenn sich die Realwirtschaft schleppender erholt (siehe kräftiger Aufschwung lässt auf sich warten) und die Insolvenzwelle anrollt. Schon jetzt vergeben die Landesbanken nur sehr eingeschränkt Neukredite, können aber immerhin noch ihre Bestandskunden bedienen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn sich die Lage hier deutlich verschlimmert. Die bisher von Schieflagen befreite NordLB hat schon einmal vorsorglich angekündigte, sie fürchte ein schweres Jahr.

Zeit zum Entspannen bleibt den Banken 2010 also nicht. Es gibt Rückschlagpotenzial durch große (Beispiel Länderrisiken, Branchenrisiken wie Schifffahrt) und kleine Themen (Beispiel: Abu Dhabi will von Citigroup Milliarden Dollar Schadensersatz). Ob sich der Optimismus der Deutschen Bank, was das eigene Geschäft betrifft, bewahrheitet, muss sich auch erst noch zeigen (siehe: Zurückhaltende Reaktion auf die Rekordprognose).

Angesichts der weiter angespannten Lage vieler Finanzinstitute, ist damit zu rechnen, dass die neue Finanzordnung weiter aufgeweicht wird. Die meisten Maßnahmen und Vorschläge, die auf verschiedenen Gipfeltreffen diskutiert wurden, sind offenbar in den Schubladen der Sherpas verschwunden. Jetzt soll die Finanzbranche sogar deutlich mehr Zeit von der Bankenaufsicht bekommen, ihre Kapitalausstattung zu verbessern. Dennoch, die Banken werden sich so oder so auf höheren Kapitalbedarf, steigende Reportinganforderungen und weitere neue Regulierungen einstellen müssen. Daneben sind in vielen Instituten noch Hausaufgaben zu leisten, so ist etwa die Anpassung der Risikomanagementsysteme fortzusetzen.

Aber ich komme hier ins Schwafeln und will das gar nicht. Denn heute ist zwar der 2. Januar, aber immerhin noch Wochenende. Ich denke, es macht auch wenig Sinn, sich per Stichtag Gedanken zu allen zukünftigen Themen zu machen. Die Vorausschauen am Jahresanfang sind und bleiben eine spielerische Spekulation. In diesem Sinne genießen wir weiter unseren Urlaub und schauen heute, wie die New Yorker den ersten Samstag des Jahres verbringen.

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Wiwo: Ausblick 2010 Geht der Konjunktur im nächsten Jahr die Puste aus?

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Quelle: Blicklog


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