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Warum sind einige Länder reich und andere arm?


Wie ihr wisst investiere ich ja durchaus auch gern in fremden Ländern (sofern die Bewertung interessant ist). Bei der Frage ob ein Schwellenland prinzipiell ein interessantes Investmentziel sein kann gibt es dabei oft zwei Meinungen zu hören:

  1. Ja – durch die geringeren Lohnkosten können Unternehmen ja günstiger produzieren und im Ausland verkaufen, außerdem haben Schwellenländer ja ein großes Aufholpotential.
  2. Nein – die jüngere Geschichte zeigt dass ein Investor eben nicht mit Schwellenländeraktien, sondern mit US-Aktien reich werden konnte. Das wird dann auf die Sicherheitslage, den entwickelten Kapitalmarkt oder die prinzipielle Überlegenheit der USA geschoben. Auch in Deutschland investieren manche Anleger trotz der hohen Bewertungen bevorzugt in den USA.

Interessanterweise gibt es wenige klare Erkenntnisse zu der Frage warum denn nun der Lebensstandard in Schweden, Japan oder Neuseeland sehr hoch ist, aber in weiten Teilen Afrikas und Südamerikas sehr schlecht. Mitunter wird ein mangelhaftes Bildungssystem als Schuldiger ausgemacht, einige behaupten sogar es sei noch heute so dass der Westen mit allen Mitteln die Ärmsten Länder ausbeute. Dagegen sprechen allerdings die Beobachtungen aus der realen Wirtschaft: Die Menschen in der DDR, Russland und anderen Ostblockstaaten haben in der Regel eine sehr gute Bildung genossen. Osteuropäische IT-Kräfte sitzen massenhaft in den Startups in Berlin, London oder dem Silicon Valley – dennoch erkennt man klare Wohlstandsgefälle. Und Länder wie Kuba und Nordkorea zeigen mangels Wirtschaftskontakten mit dem Westen, dass es sicher nicht allein die Ausbeutung von Ressourcen durch westliche Unternehmen sein kann.

Bildergebnis für gdp per capita

Wie kann man also erklären, dass Mexiko ärmer ist als Texas? Dass der Ostblock vom Westen abgehängt wurde? Oder gar den dramatischen Unterschied zwischen Nord- und Südkorea, obwohl beide Staaten doch kulturell gleiche Voraussetzungen hatten?

Why Nations Fail

Ich habe in den letzten Monaten ein sehr spannendes Buch zu diesem Thema gelesen: Why Nations Fail (deutsch: Warum Nationen scheitern) von Daron Acemoglu und James A. Robinson. Dieses  Buch stellt eine sehr überzeugende Theorie vor. Diese ist zwar vage und ausbaubedürftig, allerdings hat sie mir die Augen für einige entscheidende Aspekte geöffnet.

Für alle eher Lesefaulen unter euch: hier ein spannender kurzer Vortrag von Herrn Robinson – wusstet ihr dass Robert Mugabe nicht nur fast 40 Jahre Simbabwe regierte, sondern in der Zeit z.B. auch die Lotterie gewann?

Meine Vermutung war: Das Ausmaß an Korruption ist der entscheidende Faktor – und ja, der statistische Zusammenhang von Wohlstand und niedriger Korruptionsrate ist erdrückend eindeutig und wird auch von der vorgestellten Theorie gedeckt. Allerdings bleibt die Frage: warum besiegen einige Länder die Korruption, andere nicht? Daher geht es dem Buch noch um einen anderen Zusammenhang: unter den reichsten Nationen der Welt sind fast nur Demokratien (wenn man die Öldiktaturen der Welt um ihre Ölexporte bereinigt). Nur Singapur und Hong Kong blieben dann in den Top 20 als Beispiele ohne echte Demokratie.

Why Nations Fail versucht daher den Bogen zu schlagen und beginnt mit Definitionen: es teilt die Institutionen eines Landes in politische und wirtschaftliche (andere, z.B. religiöse werden nicht betrachtet) und diese werden jeweils unterschieden in extraktiv und inklusiv.

Inklusiv bedeutet dabei: Jeder, oder zumindest eine breite Bevölkerungsschicht, hat die Möglichkeit der Beteiligung und Einflussnahme. In der Wirtschaft heißt das, jeder kann Unternehmen gründen, es gilt gleiche Rechtsprechung und Vertragsfreiheit. Politisch bedeutet es die Möglichkeit für breite Bevölkerungsschichten Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen. Im Kontrast stehen extraktive Institutionen. Das ist etwa Sklaverei – Sklaven (oder Zwangsarbeiter im moderneren Kontext) ist verboten im eigenen Interesse zu verhandeln und andere Tätigkeiten aufzunehmen. Auch Oligarchien sind extraktiv – Kartelle und Korruption, mitunter auch staatlich festgeschriebene Monopolgesetze verhindern den Eintritt neuer Wettbewerber, genau wie Rassegesetze (Südstaaten, Südafrika) oder das Kastensystem (Indien).

Die Definition ist nach meinem Geschmack etwas ungenau und wird insbesondere weitgehend an Beispielen erklärt. Das Buch geht dabei in eine Vielzahl historischer Entwicklungen und macht Anhand dieser immer wieder ähnliche Zusammenhänge da.

Interessant fand ich die folgende Beobachtung: Diejenigen früheren Kolonien, die heute wohlhabende Länder geworden sind (USA, Kanada, Australien, Neuseeland) sind ausgerechnet die, die zum Zeitpunkt der Entdeckung kaum bevölkert waren und wenig Ressourcen hatten. Dies ist kein Zufall – die Kolonialherren waren auf schnelle Gewinne und Ausbeutung von Ressourcen aus. Daher setzten sie Institutionen wie Zwangsarbeit und Tributsysteme ein, teilweise auch Handelsmonopole auf die wertvollsten Güter.  Selbst nach der Unabhängigkeit der Kolonien war es für die neuen Herrscher extrem interessant diese zentralisierten Geldquellen weiter sprudeln zu lassen so dass sie Bestand hatten und mitunter sogar verschärft wurden.

In Nordamerika oder Australien gab es allerdings keine einheimische Bevölkerung zum Ausbeuten, deshalb wurden europäische Siedler angeworben. Der einzig effektive Weg diese zu gutem Arbeiten zu bewegen und gar mehr anzulocken war nicht Zwang, sondern ein Anreizsystem. Der Boden gab nicht genug her, dass mit Zwangsarbeit überhaupt ein Gewinn hätte erwirtschaftet werden können. Ließ man den Bauern und Arbeitern jedoch ihre Zusatzerträge, so versuchten sie von allein welche zu erwirtschaften – und die konnte man immerhin ein wenig besteuern. Natürlich gab es Versuche von Gouverneuren die nun entstehenden Gewinne sich komplett anzueignen – aber die führten letztlich zu Widerstand und dem Aufbau von Institutionen des Volkes, um genau dies zu verhindern und Mitbestimmung zu sichern. NO TAXATION WITHOUT REPRESENTATION!

Diese Institutionen – wie Volksvertretungen – sind politisch, aber sorgen wegen der breiten repräsentierten Bevölkerungsschicht für einen Anreiz auch wirtschaftliche Teilhabe zu sichern.

In Südamerika hingegen konzentrierte sich aller Reichtum bei einer kleinen (weißen) Oberschicht – und auch nach Revolten änderten sich nur die Personen die davon profitierten, nicht aber das System.

Solche Systeme sind aber nicht nur schädlich weil sie dem Großteil des Volkes keine Anreize für Investitionen, Bildung und Produktivität geben. Wie die Geschichte schon seit den Römern lehrt führt eine Konzentration der wirtschaftlichen Macht auf das Regierungsumfeld dazu, dass Revolten und Putschversuche für ihre Anführer enorme wirtschaftliche Anreize bieten – wodurch es eben ständige Unruhen und Bürgerkriege gibt die in der Hoffnung auf hohe Gewinne sehr lange finanziert werden können.

Ich fand die Vielzahl der Beispiele – von der römischen Republik (Aufstieg) und dem Kaisertum (langsamer Abstieg) über die glorreiche Revolution in England und der langsamen Stärkung von demokratischen Elementen dort über Kolonialpolitik, den Systemwechsel in Japan, Südafrikas Apartheid, bis zu jüngeren positiven Beispielen wie Korea oder Botswana oder dem Wachstum Chinas, das nur bedingt zu der Theorie zu passen scheint.

Insbesondere wird immer wieder betont: Langfristig sind in der Regel Politik und Wirtschaft gleich ausgerichtet – entweder extraktiv oder inklusiv. Andere Konstellationen, wie aktuell das chinesische Mischsystem, sind selten stabil.

Was lerne ich daraus?

Ich lerne, dass das Regierungssystem eines Landes erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung hat. Konzentriert es die Macht, dann fördert es oft Korruption (was meist bedeutet es stützt sich auf Korruption) wie etwa in Russland In diesem Fall sind die gesamtwirtschaftlichen Aussichten schlecht. Insbesondere mache ich mir um China Sorgen – das Wachstum beruht auf dem Entfesseln der freien Wirtschaft. Sobald aber die KP Angst um ihre Machtposition haben muss, wird sie wieder den staatlichen Einfluss auf die Unternehmen verstärken (bzw staatliche Firmen mehr Wettbewerbsvorteile verschaffen) und damit im Zweifel das Wachstum abwürgen.
Ich verstehe auch besser, warum gerade in solchen Ländern so oft Währungskrisen jeden wirtschaftlichen Zuwachs vernichten. Länder wie Russland oder die Türkei sind schöne Beispiele.

Zweitens: Falsche oder gar keine Anreize führen dazu, dass Menschen eben nicht investieren. Leider sehen wir in der Geschäftswelt sehr viele falsche Anreize in Form von kurzfristigen Managementboni für steigende Gewinne, statt wirklich langfristigem Handeln. Einige Anleger investieren nur in Aktien von familien- oder gründergeführten Unternehmen, und das hat durchaus seinen Grund. Ich glaube zwar dass dies kein Ausschlusskriterium sein sollte, aber zumindest sollte das Management voll und ganz für die langfristige Entwicklung der Firma arbeiten. Alles andere führt zu Abstürzen wie kürzlich bei Boeing oder GE, wo Gewinne gepusht wurden bis es eben nicht mehr weiter ging…

Drittens: Zu hohe Konzentration von wirtschaftlicher Macht ist eine Gefahr für die Demokratie. Amerika, ich hoffe das Beste für die Zukunft!

Fazit

Wer sich nicht nur für einzelne Aktien, sondern das Funktionieren ganzer Volkswirtschaften interessiert, und wer ein Interesse an den unzähligen geschichtlichen Exkursen hat, der muss dieses Buch einfach lesen. Und wenn ihr dazu nicht die Zeit habt: schaut euch die beiden verlinkten Videos an und vergesst nicht den Wert unserer demokratischen westlichen Staatsform – auch wenn diese Regierungsform viele Probleme hat, hat sie doch mehr Wohlstand und Frieden gebracht als jede andere!


Quelle preisundwertaktienblog

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