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Madoff-Betrug bestraft Provisionsmaschinerie der Vermögensverwalter und Fonds


Der Fall des mutmaßlichen Milliardenbetrügers Madoff wirft ein Schlaglicht auf die Fondsindustrie und wie sie der Finanzwelt als Provisionsmaschine dient und dabei viel Geld der Anleger verbrennt. Es geht hier nicht um die Machenschaften von "Wall-Street-Legende" Bernhard Madoff, sondern um ganz reguläre Anlageprozesse über Vermögensverwalter.

Erstaunlich, dass noch nicht mehr Anleger aufschreien, über welche Umwege die spanische Banco Santander für ihre Kunden rund 2,3 Milliarden Euro bei Madoff platziert hat. Schaut man auf die verschlungenen Pfade, die das Anlagegeld auf den Weg nach New York genommen hat, dann darf die Frage erlaubt sein, ob Madoff der alleinige Verursacher dieser Geldvernichtung ist.

Provisionsfressende Anlagekaskade

Anhand der Darstellung im Handelsblatt und weiterer Überlegungen lassen sich die Zwischenstationen nachvollziehen, über die das Geld der Kunden dort ankommt, wo es die originären Erträge abwirft. Im Fall der Santander-Kunden lässt sich folgender Verlauf rekonstruieren:

  1. Der Kunde zahlt sein Anlagegeld über die Banco Santander an den
  2. Hedge-Fonds mit der Bezeichnung "Optimal Investment Services", der die Anlagen verwaltet und u.a. weiterleitet an dem von ihm gesteuerten und
  3. in Irland ansässigen Fonds "Optimal Multiadvisors Ireland". Dieser wiederum hat
  4. einen Unterfonds mit dem Namen "Optimal Strategic US Equity", der wiederum
  5. Madoff Investment Securities LLC "mit der Ausführung der Investitionen betraut.
  6. Madoff Securities erwirbt Aktien oder andere Wertpapiere oder Derivate über ein Broker oder eine andere Institution (bzw. hat diesen Schritt ausgelassen und das Geld für andere Zwecke verwendet, wenn sich die Anschuldigungen bewahrheiten).

Es sind also hier mindestens sechs (in Zahlen 6) Institutionen am Geldfluss der Vermögensverwaltung des Kunden beteiligt. Berechnet hier jede verwaltenden Institution der jeweils vorhergehenden im Schnitt nur 0,5% jährliche Provision[1] für die Verwaltung, was ich persönlich für zu niedrig halte, dann würden allein dadurch 3% pro Jahr vom Anlagevolumen verzerrt werden. Bei den angeblichen Renditen zwischen 8% und 10%, die Madoff selbst in Krisenzeiten erzielt haben soll, reduziert sich die Verzinsung für die Kunden auf 5,0% bis 7,0%

Berücksichtigt man weiterhin, dass eine Neuanlage bei jeder Institution zu einer Einmalprovision zwischen 1% und 5% führt, dann zahlen die Kunden allein dadurch zwischen 6% und 15% ihres angelegten Geldes. Freilich sehen sie das nicht in ihrer Geschäftsbestätigung, sondern können dies, wenn überhaupt, nur indirekt an der Wertentwicklung ihrer Anteile feststellen. Da diese Anlagen aber intransparent sind und daher auch nicht mit einem Benchmarkt verglichen werden können, fällt diese Provisionsschneiderei nicht auf, solange diese Fonds eine "ansehnliche" Performance erzielen.

Im Prinzip wurden die Kunden also schon gewaltig ausgenommen, bevor ihr Geld am Ende der Verwertungskette bei Madoff gelandet ist. Vom ursprünglichen Anlagebetrag wurde letztlich nur ein Teilbetrag in einer finalen Geldanlage investiert.

Gängige Praxis in der Vermögensverwaltung

Das Beispiel, das unfreiwillig die Banco Santander geliefert hat, ist exemplarisch für viele Vermögensverwaltungen. Ein weiteres Beispiel liefert die Neue Zürcher Zeitung mit den Privatbankiers Reichmuth & Co. Auch wird Vermögen der Kunden über Dachfonds verwaltet, die wiederum Gelder von Madoff verwalten ließen. Immerhin wurde hier das Gebot der Diversifikation beachtet. Über die Schädigung deutscher Anleger berichtet heute die Financial Times Deutschland. In beiden letztgenannten Fällen sind aber offensichtlich nicht so viele zwischengeschaltete Unterfonds wie im Fall Santander beteiligt.

Der Fall Madoff legt erstaunliche Erkenntnisse über die Verwaltung großer Vermögen offen. Während die Anleger ihr Geld vermutlich durch Intelligenz, harte Arbeit, Sorgfalt und manchmal Sparsamkeit verdient haben, reichen ihnen bei der Anlage des eigenen Geldes Vertrauen und Renommee als einziges Anlagekriterium. Madoff ist es gelungen genau diese Aura aus Vertrauen und Renommee aufzubauen und diese so mit Exklusivität zu paaren, dass Kunden auf Kontrolle und Transparenz verzichtet haben.

Abhilfe schafft nur bedingungslose Transparenz

Kunden, die Geld über Vermögensverwaltungen in "exotische Fondskonstruktionen" angelegt haben, ist daher dringend zu raten, mit ihrem Vermögensverwalten zu sprechen und zu hinterfragen, welche Vermögenstitel ihr Verwalter eigentlich erworben hat und ob sich dahinter eine wie oben beschriebene "Anlage-Kaskade" verbirgt.

Die "Vermögensverwaltungsindustrie" wird sich zu Recht auf harte Zeiten und viele unangenehmen Nachfragen ihrer Kunden einstellen müssen. Der Fall Madoff wird zu weiteren Geldabzügen aus intransparenten Anlageformen führen. Dies wiederum wird zu Vermögensverkäufen führen und kann die Assetpreise zahlreicher Anlageformen weiter unter Druck setzen. Damit kann sich der Schneeball Madoff zu einem selbständigen Strudel innerhalb des Tsunamis der Finanzkrise entwickeln.

Die Zukunft wird dagegen Anlageformen gehören, die ihren Kunden ein Maximum an Transparenz bieten. Die technischen Möglichkeiten dafür sind schon lange da. Nur leider lassen sich damit nicht so viele Provisionsmaschinen heizen.

Ich wünsche den Mitgliedern und Mitarbeitern von Sharewise und den Lesern ein frohes Weihnachtsfest.

decoien
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[1] In der Praxis werden die Provisionssätze unterschiedlich hoch sein. Der Vermögensverwalter oder Fonds, der die Gelder vom Kunden annimmt, wird einen höhere Betrag für die Verwaltung berechnen, die Folgefonds bzw. Verwalter einen geringeren Betrag. Dachfonds berechnen meist  zwischen 1% und 2% pro Jahr, zuzüglich einer Performanceprämie (siehe z.B. hier in der NZZ).

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